Österreich: Bundesheer:Die nackte Kanone - made in Austria

"Lust auf eine Spritztour?" Das österreichische Bundesheer wirbt mit einem "depperten" Film um Rekruten - und sieht sich mit Sexismus-Vorwürfen konfrontiert.

M. Bacher

Breitbeinig sitzt er da, der kahlgeschorene Macho. Um ihn und sein Auto scharen sich vier junge Frauen. Er will sie mitnehmen auf eine "Spritztour". Doch der Panzer, der durch den Nebel angerast kommt, stiehlt ihm die Show.

Österreich: Bundesheer: Breitbeinig sitzt er da, der kahlgeschorene Macho. Doch der Panzer stiehlt ihm die Show.

Breitbeinig sitzt er da, der kahlgeschorene Macho. Doch der Panzer stiehlt ihm die Show.

(Foto: Foto: Bundesheer)

Ein Soldat steigt aus und fährt mit der Hand das Kanonenrohr entlang. "Na, Mädels? Lust auf eine Spritztour?" Die Mädels hüpfen durcheinander, völlig aufgekratzt. "Kommt zum Bundesheer, da könnt ihr Panzer fahren", wirbt der Soldat und steigt in sein Gefährt. Der Panzer fährt los, die Frauen rennen hinterher. Der kurze Werbespot schließt mit dem Satz: "Das österreichische Bundesheer bietet einmalige Chancen für die Jugend ab 18."

Seit drei Tagen ist dieses Filmchen auf der Startseite des Bundesheeres zu sehen. Und natürlich soll alles nur ein Spaß sein. 14- bis 18-Jährige lachen doch so gern - und genau diese Zielgruppe soll ja angesprochen werden. "Unser Clip ist so deppert, dass er schon wieder genial ist", findet Oberst Johann Millonig von der Heeres-Marketingabteilung.

Das Video ist Teil der "Informationsreihe" namens "Heer 4 You". Auch in Österreich fürchtet man den Rekrutenmangel. Die Zahl der jungen Soldaten ist in den vergangenen zehn Jahren stark gesunken. Gleichzeitig hat sich die Zahl der Zivildienstleistenden nahezu verdoppelt. Auch die bereits vor acht Jahren beim österreichischen Bundesheer eingerichtete Stelle des sogenannten Personalwerbers konnte den Trend nicht stoppen.

Der Werber heißt Johann Millonig und hat die Idee zu dem Film von der ukrainischen Armee geklaut. Deren Spot ist ebenfalls im Internet zu sehen, allerdings sind die Lippen der ukrainischen Mädchen greller geschminkt. Für die österreichische Fassung wurden der Türsteher einer Diskothek in Krems als Audi-Fahrer sowie vier Hotelfachschülerinnen gebucht.

Trotz dieser hochklassigen Besetzung finden längst nicht alle den Film zum Lachen. "Das ist unglaublich sexistisch", empört sich Judith Götz vom Referat für feministische Politik der Österreichischen HochschülerInnenschaft. "In einer Zeit, in der das Bundesheer um Soldatinnen wirbt, ist es untragbar, Frauen als sexualisierte Objekte darzustellen, die auf Panzer abfahren. Das wirft uns mindestens 60 Jahre zurück." Brigitte Reimer, Jurymitglied der "Sauren Gurke", die jährlich an besonders frauenfeindliche Fernsehproduktionen verliehen wird, hofft auf eine "kollektive Beschwerde aller Österreicher". Wenigstens bei den Kremser Türstehern dürfte der Spot so richtig gut ankommen.

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