Tiefsee-Bohrstopp im Golf:Schlappe für Obama

Ein US-Gericht hat den von Barack Obama verhängten Öl-Bohrstopp im Golf von Mexiko aufgehoben. Dutzende Kläger hatten dem Präsidenten vorgeworfen, sie zu runinieren.

Reymer Klüver, Washington

Ein US-Bundesgericht in New Orleans hat das von Präsident Barack Obama verhängte sechsmonatige Moratorium für Tiefwasser-Ölbohrungen im Golf von Mexiko aufgehoben. Obama hatte den Bohrstopp nach der Explosion der Bohrinsel Deepwater Horizon am 20. April und dem Beginn der Ölpest im Golf erlassen, um die Ursachen des Desasters klären zu lassen.

A wall painted with protests messages against BP and Obama in Grand Isle

Eine bemalte Wand zeigt Protestbekundungen gegen BP und Obama.

(Foto: rtr)

Das Gericht folgte indes den Argumenten mehrerer Dutzend Kläger, die Obama vorwarfen, dass sie der Bohrstopp wirtschaftlich zu ruinieren drohe. "Die Ölpest ist ein Desaster ohnegleichen, traurig, hässlich und unmenschlich", schrieb Richter Martin Feldman in seiner Urteilsbegründung. Dennoch habe die US-Regierung nicht nachweisen könne, dass die bereits arbeitenden Bohrplattformen ebenfalls eine Gefahr für den Golf darstellten.

Präsidentensprecher Robert Gibbs kündigte unmittelbar nach Bekanntwerden der Entscheidung Berufung beim Court of Appeals an. Obama sei nach wie vor überzeugt, dass Bohrungen in so großen Tiefen mit vielen Risiken gerade auch für die Arbeiter auf den Bohrinseln verbunden seien, "die wir uns nicht erlauben können". Bei der Explosion der Deepwater Horizon waren elf Ölarbeiter ums Leben gekommen.

"Nicht auch noch eine wirtschaftliche Katastrophe daraus machen"

Obama hatte alle Bohrungen in Meerestiefen von mehr als etwa 170 Metern am 6. Mai verboten. Davon sind 33 Ölplattformen betroffen. Auch neue Bohrgenehmigungen sollten bis auf weiteres nicht erteilt werden, um dem Innenministerium ausreichend Zeit für die Forschung nach den Ursachen des Unglücks zu geben. Nicht betroffen waren indes die Förderplattformen für Öl und Gas. Von denen sind im Golf von Mexiko rund 3600 im Einsatz.

Gegen das Moratorium hatte eine Gruppe von Unternehmen geklagt, deren Boote zur Versorgung der Bohrinseln eingesetzt wurden und nun kaum noch Arbeit hätten. Der Chef eines der Schlepperunternehmen, Todd Hornbeck, lobte den Richterspurch: "Das ist eine richtige Entscheidung nicht nur für die Industrie, sondern für das ganze Land."

Auch der Gouverneur von Louisiana, Bobby Jindal, ein Republikaner, unterstützte die Kläger. Ölkonzerne würden ihre Bohrinseln aus dem Golf von Mexiko abziehen, sollte das Moratorium in Kraft bleiben. Das würde den Bundesstaat Tausende gutbezahlte Jobs kosten. Der Generalanwalt des Bundesstaates, Henry Dart, hatte am Dienstag vor Gericht erklärt: "Dies ist eine Umweltkatastrophe. Wir sollten daraus jetzt nicht auch eine wirtschaftliche Katastrophe machen."

Die Firma Transocean, der die gesunkene Deepwater Horizon gehörte, unterstützte ebenfalls ein Ende des Moratoriums. Ihr Chef Steve Newman erklärte am Dienstag, dass eine "sichere und vernünftige Wiederaufnahme der Aktivitäten auf dem äußeren Kontinentalschelf" möglich sei.

Dritte Rechnung an BP

Unterdessen floss das Öl weiter auf dem defekten Bohrloch in 1600 Metern Tiefe aus. Der Ölkonzern BP gab am Dienstag bekannt, dass es er in den vorangegangenen 24 Stunden 25.830 Barrel Öl (gut vier Millionen Liter) aufgefangen habe - so viel wie bis noch nie innerhalb eines Tages. Nach Schätzungen der US-Regierung fließen indes insgesamt bis zu 60.000 Barrel (9,5 Millionen Liter) Öl täglich aus dem Bohrloch aus.

Zwei Fünftel des aufgefangenen Öls wurden von Spezialschiffen auf der Meeresoberfläche über dem Bohrloch verbrannt. Insgesamt wurden bislang mehr als 22 Millionen Liter des im Golf ausgeflossenen Öls verbrannt.

Die National Oceanic and Atmospheric Administration schloss unterdessen weitere Teile des Golfs von Mexiko für die Fischerei. Damit sind 36 Prozent des erweiterten Hoheitsgebiets der USA im Golf offiziell von der Ölpest erfasst.

BP selbst bezifferte die Kosten der Umweltkatastrophe auf mittlerweile zwei Milliarden Dollar. Bisher seien 65.000 Schadensersatzforderungen an das Unternehmen herangetragen worden. 32.000 Zahlungen seien getätigt worden mit einem Kostenumfang von mehr als 105 Millionen Dollar.

Die US-Regierung sandte am Montag ihre dritte Rechnung an den Konzern und forderte die Erstattung von 51,4 Millionen Dollar an Kosten für den Einsatz unter anderem der Küstenwache. Die beiden ersten Kostenrechnungen von zusammen 70,9 Millionen Dollar hat BP bereits erstattet.

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