Süddeutsche Zeitung

Einigung im Tarifstreit:Acht Prozent mehr Gehalt im öffentlichen Dienst

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Von Detlef Esslinger

Die Arbeitnehmer in 15 der 16 Bundesländer bekommen acht Prozent mehr Geld. Darauf haben sich am Samstagabend in Potsdam die Gewerkschaften mit der "Tarifgemeinschaft deutscher Länder" (TdL) geeinigt. In ihr haben sich alle Bundesländer außer Hessen zusammengeschlossen. Die acht Prozent erhalten sie aber nicht sofort, sondern in drei Stufen. 3,2 Prozent mehr Geld gibt es rückwirkend zum 1. Januar. Weitere 3,2 Prozent folgen zum Jahreswechsel, und zu Neujahr 2021 folgt schließlich ein weiteres Plus um 1,4 Prozent.

Zugleich wurde vereinbart, dass jeder Arbeitnehmer mindestens auf ein Plus von 240 Euro kommen soll. Davon profitieren die Bezieher niedriger Einkommen, bei denen auch ein addiertes Plus von acht Prozent andernfalls weniger als 240 Euro betragen hätte. Der Tarifvertrag läuft 33 Monate, also bis Ende September 2021. Der Berliner Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) sprach von einem "fairen Tarifabschluss". Kollatz war der Verhandlungsführer der Länder.

Die prozentuale Lohnerhöhung für alle ist aber nur der eine Teil des Ergebnisses. Darüber hinaus einigten sich beide Seiten darauf, die Grundgehälter aller Pflegerinnen und Pfleger um 120 Euro zu erhöhen. Auf den neuen Betrag setzen dann die Lohnerhöhungen in den drei Stufen auf. Auch die angestellten Lehrer bekommen noch extra Geld. In mehreren Schritten über viele Jahre sollen ihre Gehälter denen ihrer Beamten-Kollegen angeglichen werden. Bisher betrug die sogenannte "Angleichungszulage" 30 Euro im Monat. Sie steigt nun auf 105 Euro. Azubis und Praktikanten bekommen rückwirkend zum 1. Januar sowie zum nächsten Jahreswechsel jeweils 50 Euro mehr.

Der Tarifabschluss gilt unmittelbar für eine Million Beschäftigte; tatsächlich dürften jedoch zumindest zum Teil auch eine Million Beamte sowie eine Million Pensionäre von ihm profitieren. Über deren Bezüge entscheiden jeweils die Landtage. Die Gewerkschaften fordern stets die sofortige und vollständige Übernahme des Tarifergebnisses für sie. Dies machen jedoch nur die wenigsten Länder; beim vergangenen Mal, vor zwei Jahren, waren es lediglich Bayern, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. Brandenburg wiederum ging damals bei der Besoldung seiner Beamten sogar über das Tarifergebnis hinaus.

Höherer Abschluss als bei Bund und Kommunen

Gefordert hatten die Gewerkschaften diesmal eine Lohnerhöhung von sechs Prozent, mindestens aber von 200 Euro - allerdings nicht für 33, sondern für zwölf Monate. Diese Laufzeit streben sie zunächst immer an. Tarifrunden sind für sie die beste Möglichkeit, um neue Mitglieder zu gewinnen. Arbeitgeber wiederum streben grundsätzlich auch deshalb längere Laufzeiten an, um für eine längere Zeit Planungssicherheit und Ruhe zu haben. Der nun gefundene Kompromiss folgt dem üblichen Muster: Die Gewerkschaften können für sich reklamieren, mit acht Prozent eine besonders kräftige Lohnerhöhung durchgesetzt zu haben. Die Arbeitgeber können behaupten, diese Erhöhung aber auf fast drei Jahre gestreckt zu haben.

Die Länder verhandeln seit 2006 getrennt von Bund und Kommunen. Deren Abschlüsse waren ihnen zu teuer geworden. Da sie den größten Teil der öffentlichen Verwaltung schultern, geben sie ohnehin etwa 35 Prozent ihres Etats fürs Personal aus, deutlich mehr als Bund und Kommunen. Aber bei letzteren arbeiten die meisten Erzieherinnen und Erzieher, Pflegerinnen und Pfleger sowie Müllwerker - also Berufsgruppen, die mit Streiks mehr Eindruck machen können als die vielen Büro-Angestellten der Länder. Der Abschluss diesmal dürfte sie allerdings kaum billiger kommen als bei Bund und Kommunen. Dort vereinbarten sie vor einem Jahr ebenfalls Lohnerhöhungen in drei Stufen - über insgesamt 7,5 Prozent, gestreckt auf 30 Monate. Damals sprach Verdi-Chef Frank Bsirske vom "besten Ergebnis seit vielen Jahren". Diesmal sagte er fast dasselbe: "Das ist das beste Ergebnis im Länderbereich seit vielen Jahren."

Für neun Monate mehr Laufzeit als damals hat er nun ein fast doppelt so hohes Plus herausgeschlagen als damals: 4,35 Prozent lautete 2017 das Ergebnis. Für Bsirske war es die letzte Tarifrunde im öffentlichen Dienst. Im September geht er in den Ruhestand.

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