Petraeus: Einsatz Afghanistan:Bushs General kämpft für Obama

Die US-Präsidenten Barack Obama und George W. Bush haben eines gemeinsam: Wenn es brenzlig wird, rufen sie nach General Petraeus. Nachdem der Soldat die US-Armee vor dem Scheitern im Irak bewahrte, soll Petraeus diesen Erfolg in Afghanistan wiederholen. Die Öffentlichkeit hat genug von dem Krieg am Hindukusch.

Barbara Vorsamer

"Afghanistan kann nicht mit dem Irak verglichen werden." Diesen Satz hat General David Petraeus schon oft gesagt. Doch es nützt nichts. Spätestens seitdem bekannt ist, dass der ehemalige Oberbefehlshaber der Truppen im Irak nun die gleiche Position in Afghanistan übernimmt, werden fleißig Parallelen gezogen.

Bushs General kämpft nun für Obama

General David Petraeus war der Lieblingsgeneral von George W. Bush.

(Foto: AP)

Wie schon 2007 im Irak übernimmt Petraeus mit dem Afghanistanfeldzug einen Krieg, der vor dem Scheitern steht und von dem die amerikanische Öffentlichkeit genug hat. Im Irak gelang es ihm, das Ruder herumzudrehen. Gelingt ihm das in Afghanistan?

Petraeus brachte den damaligen Präsidenten George W. Bush dazu, 30.000 zusätzliche Soldaten zu entsenden, und setzte die Strategie der Counterinsurceny durch, den Kampf gegen Aufständische und Terroristen. Einer seiner ehemaligen Assistenten fasste die Petraeus-Doktrin in der New York Times so zusammen: "Seine Strategie ist es, mehr Sicherheit für jeden zu schaffen. Sich mit denen, die bereit dazu sind, zu versöhnen. Und zu töten, wenn es nötig ist."

Der bisherige Chef des US-Zentralkommandos folgt auf General Stanley McChrystal, den Präsident Barack Obama wegen dessen offener Kritik an der zivilen Armeeführung gefeuert hat. McChrystal hatten gegenüber dem Rolling Stone über die politische Führung abgelästert.

Obama brauchte rasch einen Nachfolger - und wurde fündig. Auf den ersten Blick eine überraschende Wahl: Schließlich war Petraeus der Lieblingsgeneral von Obamas Vorgänger Bush. Während dessen Amtszeit hatte Petraeus einen direkten Draht ins Oval Office. Präsident George W. Bush soll oft bis zu zwanzig Minuten den Ausführungen des Generals gelauscht haben.

Nach Obamas Amtsantritt blieb Petraeus zwar in der obersten Riege der Militärs und hatte bei Sicherheitsberatungen weiterhin einen Platz am Tisch. Der direkte Zugang zum Präsidenten blieb ihm jedoch verwehrt. Ein Grund dafür mag sein, dass der Name des Generals nach seinem Erfolg im Irak nicht mehr nur für militärische Posten gehandelt wurde. Viele Republikaner träumten von einer Präsidentschaftskandidatur Petraeus' im Jahr 2012.

Der General verfügt über einen frechen Charme, diplomatisches Geschick und ein politisches Netzwerk, das bis in die Büros von Kongressabgeordneten und die Redaktionsräume wichtiger Zeitungen hineinreicht. Er selbst hat sich noch nie zu politischen Ambitionen geäußert. Nicht einmal seine Parteizugehörigkeit können US-Medien verifizieren.

Bedenken wegen eines möglichen starken Gegenkandidaten 2012 stehen nun aber hinter der Bedeutung des Afghanistankrieges zurück. Damit beweist Obama Mut.

Die amerikanische Öffentlichkeit hält nämlich nicht mehr viel vom Krieg am Hindukusch und will so schnell wie möglich weg von dort. Wenn also im Juli 2011 die Verhandlungen um den Truppenabzug beginnen, hätte das Weiße Haus mit einem schwachen McChrystal einen einfacheren Gegner gehabt. General Petraeus, so viel lässt sich jetzt schon prophezeien, wird sich mit Händen und Füßen gegen einen schnellen Abzug stemmen.

Tee trinken, Terroristen töten

Dafür erhofft sich das Weiße Haus, dass sich mit Hilfe von Petraeus die Streitereien um den Afghanistankrieg beruhigen. McChrystal war ein Raubein - und es war bekannt, dass die Beziehungen zwischen ihm, dem US-Botschafter in Afghanistan Karl Eikenberry, dem Sondergesandten für die Region, Richard Holbrooke, und dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai angespannt waren.

Petraeus hat mit Eikenberry zusammen Karriere in der Armee gemacht. Mit Holbrooke eint ihn ein freundschaftliches Verhältnis zu Außenministerin Hillary Clinton und gegenüber Hamid Karsai stärkt den General, dass er während seiner Laufbahn zahlreiche gute Kontakte in Zentralasien geknüpft hat. Schon bei seinem Irak-Einsatz hat Petraeus gezeigt, wie eine vorbildliche Zusammenarbeit zwischen dem Militär und dem diplomatischen Korps aussehen kann.

Der 57-Jährige begann seine Laufbahn an der Militärakademie von West Point, an der er 1974 seinen Abschluss machte. In den achtziger Jahren promovierte er an der Universität Princeton über den Vietnamkrieg. Bereits 2003 kommandierte er eine Division im Irakkrieg, wo er sich als innovativer und effektiver Befehlshaber hervortat. 2005 wurde Petraeus an die Offiziersschule von Fort Leavenworth in Kansas versetzt, wo er die Doktrin der Aufstandsbekämpfung erarbeitete, die nun auch in Afghanistan Anwendung findet.

General Petraeus besitzt die nötige Härte, um nach neun Jahren Bewegung in den Afghanistankrieg zu bringen. Doch er kennt die Region auch gut genug um zu wissen: Um hier etwas zu erreichen, muss man viele Tassen Tee mit seinen Gegnern trinken.

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