Obamas Vorgehen nach NSA-Skandal:Präsident sprachlos

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Auch hier schien der US-Präsident kurz sprachlos zu sein - während einer Rede über Armut im Weißen Haus

(Foto: AFP)

Was kann Obama bewegen in der NSA-Affäre? Nach aller Zögerlichkeit sind vom US-Präsidenten nun keine Sensationen zu erwarten. Ein bisschen weniger Telefonspeicher und Fangschaltungen - fertig. Mut ist an anderer Stelle gefragt.

Ein Kommentar von Stefan Kornelius

Es naht der politische Höhepunkt in der amerikanischen NSA-Saga: Endlich wird der Präsident klarmachen, was er von der Sache hält, was er toleriert und welche Praktiken seiner Ansicht nach überzogen sind.

Barack Obama hat sich für diese Festlegung viel Zeit genommen, wie es seine Art ist. Er hat mächtige Interessen abzuwägen: Die Geheimdienst-Lobby mit dem gewaltigen Sicherheitsapparat nebst vorgeschalteter Industrie steht gegen eine vornehmlich politische Front aus Abgeordneten, Bürgern und - ja, auch dies - Verbündeten wie Deutschland, die endlich eine Kette für das Monster verlangen.

Wie mächtig die Dienste sind, zeigt sich an der Figur des NSA-Direktors Keith Alexander. Obwohl der General nachweislich im Sommer das Parlament belogen hat, steht er noch immer der Behörde vor. Auch wenn seine Amtszeit im März ausläuft, wird sich vor allem am Umgang mit dieser Personalie beweisen, wie viel Mut Obama gegenüber den Diensten aufbringt. Nach aller Zögerlichkeit der vergangenen Wochen sind keine Sensationen zu erwarten, der Präsident wird seine Antwort auch jetzt genau kalibrieren. Ein bisschen weniger Telefonspeicher und Fangschaltungen - fertig.

Selbst wenn Obama die deutsche Kanzlerin kurz vor dem Tag des Jüngsten Gerichts anruft und mit einer Einladung umschmeichelt, sollte niemand Wunder erwarten. Die Partner sind für das Weiße Haus das kleinere Problem. Entscheidend ist die Stimmung in der eigenen Bevölkerung. Wenn viele Amerikaner wieder mal die schwarzen Hubschrauber fliegen hören und die Feds in ihrer Telefonleitung vermuten, dann herrscht Freiheitsalarm. Der übermächtige Staat ist mit seiner Gesundheitsreform den Menschen schon viel zu nah auf den Leib gerückt - nicht nur nach dem Geschmack der Libertären.

Was also will der Präsidenten noch bewegen in dieser Entrüstungs-Saga? Offenkundig nicht mehr viel. Die von Deutschland, Frankreich oder gleich der ganzen EU großspurig geforderten Abkommen? Es wird sie wohl nie geben. Wenigstens einen politischen Abgleich bei Datenschutz, Datensicherheit, Schutz der Persönlichkeitsrechte über den Atlantik hinweg? Dafür sind die Gesellschaften gerade zu weit auseinandergetriftet.

Angela Merkel hat die Einladungsgeste von Obama verstanden und akzeptiert. Der Präsident baut eine neue Brücke, weil die alte noch lange unpassierbar sein wird. Also muss man sich den Themen zuwenden, die noch etwas Gemeinsamkeit versprechen. Man darf protestieren, man darf entzürnt sein - doch dann erschöpfen sich die Mittel. Im Umgang zwischen Staaten heißt das: agree to disagree - man ist sich seiner Uneinigkeit einig. Das Staatenleben muss weiter gehen.

In seiner abwägenden Art hat Obama schon zu viel Zeit verstreichen lassen, um seinen eigenmächtigen Behörden Grenzen aufzuzeigen. Sein Sicherheitsverständnis erlaubt es ihm ohnehin nicht, die technischen Optionen auszuschlagen, die ihm die Dienste bieten. Seine Sprachlosigkeit ist die eigentliche Botschaft.

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