Obamas Rede zu Umweltpolitik:Klimaschutz per Verordnung

U.S. President Obama delivers a statement to media about energy on the Heil Family Farm while in Haverhill

US-Präsident Barack Obama in einem Windpark in Haverhill, Iowa

(Foto: REUTERS)

"Die globale Bedrohung unserer Zeit": In Berlin warnte Obama wortgewaltig vor den Folgen des Klimawandels, heute legt der US-Präsident nach und erklärt, wie er den CO2-Ausstoß mindern will. So sollen bis 2020 sechs Millionen Haushalte mit Wind- und Solarkraft versorgt werden. Den US-Kongress lässt er dabei außen vor. Vielen seiner Wahlkampf-Helfer geht das nicht weit genug.

Von Matthias Kolb

Vor dem Brandenburger Tor gab sich Barack Obama progressiv: Der Klimawandel sei "die globale Bedrohung unserer Zeit". Den Kindern dürften keine zu großen Lasten aufgebürdet werden. Nun wird der US-Präsident erklären, wie er den CO2-Ausstoß verringern will, ohne von den Republikanern blockiert zu werden. Auch seine Fans setzen ihn unter Druck: Ehemalige Wahlhelfer drängen auf ein Veto gegen die Keystone-Pipeline.

Seit Monaten wird im Weißen Haus an den Plänen gearbeitet, die der US-Präsident am heutigen Dienstagabend deutscher Zeit bei einer Rede an der Washingtoner Elite-Uni Georgetown halten wird. Bereits in der vergangenen Woche hatte Heather Zichal, die wichtigste Umwelt-Beraterin Obamas, die Marschroute vorgegeben. Der Demokrat werde die Umweltbehörde EPA anweisen, strengere Standards für den CO2-Ausstoß von existierenden Kraftwerken erlassen. Diese produzieren 40 Prozent des in den USA produzierten Kohlendioxids. Besonders betroffen wären ältere Kohlekraftwerke.

Zudem sollen neue Vorschriften den Verbrauch elektrischer Haushaltsgeräte begrenzen; der Ausbau erneuerbarer Energien auf bundeseigenen Landflächen soll vorangetrieben werden. Da es im von den Republikanern dominierten Repräsentantenhaus keine Chance auf eine Zustimmung zu strengeren Gesetzen gibt (sie werden von den Konservativen als wirtschaftsschädlich angesehen), wird Obama auf der Basis von Verordnungen handeln. Der bereits geltende Clean Air Act (Gesetz zur Luftreinhaltung) bietet dafür die Grundlage.

Je näher die Rede rückt, umso mehr Details sind in den US-Medien nachzulesen. So sollen bis 2020 sechs Millionen Haushalte mit Wind- und Solarkraft versorgt werden. Laut New York Times will Washington sieben Milliarden Dollar bereitstellen, damit sich Entwicklungsländer auf die Folgen von Dürren und steigendem Meeresspiegel vorbereiten können. Acht Milliarden Dollar sollen in Forschungsprojekte zur besseren Energieeffizienz fließen. Zudem sollen von 2014 an strengere Verbrauchstandards für Lkws gelten - eine ähnliche Regelung für Pkws hatte Obama in seiner ersten Amtszeit durchgesetzt (eine kritische Bestandsaufnahme der bisherigen Umweltpolitik lesen Sie in diesem SZ-Artikel).

Dieses Bündel an Maßnahmen, so die Hoffnung des Weißen Hauses, soll ausreichen, damit der CO2-Ausstoß der USA im Jahr 2020 um 17 Prozent niedriger liegt als noch 2005. Dazu hatte sich der US-Demokrat beim Klimagipfel in Kopenhagen 2009 verpflichtet.

Daniel Schrag, der Chef des Umweltzentrums der Harvard University, spricht in der New York Times von einem wichtigen Schritt: "Alle haben darauf gewartet, dass etwas passiert." Obama müsse deutlich machen, dass die Regierung bereit sei, einen "Krieg gegen die Kohle" zu führen und ineffiziente Kraftwerke zu schließen, sagte Schrag, der das Weiße Haus als Wissenschaftler berät.

Die Reaktionen auf Obamas Rede zur Klimapolitik lassen sich ebenfalls präzise vorhersagen: Die Republikaner werden sich ebenso aufregen wie die Bewohner jener Regionen, in denen noch Kohle abgebaut wird und alte Kraftwerke stehen.

Amerikas Umweltschützer sowie frühere Hardcore-Fans des Präsidenten werden ihn zu weiteren Maßnahmen drängen. Im Internet kursiert ein offener Brief, in dem 145 ehemalige Wahlkampfhelfer den Demokraten aufrufen, ein Veto gegen den Bau der umstrittenen Pipeline Keystone XL einzulegen. Durch die Pipeline soll über eine Entfernung von 2700 Kilometern Erdöl von Kanada zum Golf von Mexiko transportiert werden. Es geht um 700.000 Barrel Öl aus dreckigem Teersand, täglich.

Die jungen Leute zitieren aus einer pathetischen Rede, die Obama am Tag nach der Wiederwahl hielt und in der er seine Helfer als "Hoffnung und Inspiration" bezeichnete. Die Aktivisten drehen den Spieß nun um: "Für lange Zeit waren Sie unsere Hoffnung und Inspiration. Bitten enttäuschen Sie uns nicht und lehnen Sie Keystone XL ab."

Bisher hat Obama noch nicht auf den offen Brief geantwortet und scheut eine konkrete Festlegung. In der Rede an der Georgetown University wird es kein Wort zu Keystone XL geben, heißt es aus dem Weißen Haus - die Prüfung des Außenministeriums laufe noch. Dabei wird diese Entscheidung deutlich zeigen, wie ernst es der Friedensnobelpreisträger mit dem Kampf gegen den Klimawandel wirklich meint.

Linktipp: The New Republic hat die Erwartungen an Obamas Rede zusammengefasst.

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