Rede vor dem US-Kongress:Ein 450-Milliarden-Paket für neue Jobs

9,1 Prozent Arbeitslosigkeit, miese Konjunkturzahlen und ein Volk, das seinem Präsidenten nicht zutraut, die Krise zu lösen: Bei seiner Rede vor dem Kongress gibt sich US-Präsident Barack Obama kämpferisch - mit Hilfe einer gigantischen Job-Offensive will er die lahmende Wirtschaft ankurbeln. Das Paket enthält umfangreiche Senkungen von Sozialabgaben und Steuern. Obama beschwört die Abgeordneten, seinen "American Jobs Act" umgehend zu verabschieden - doch es droht neuer Ärger mit den Republikanern.

Der Sommer verlief für Barack Obama alles andere als zufriedenstellend. Die stotternde Konjunktur und die miesen Zahlen vom Arbeitsmarkt ließen das Haupthaar des US-Präsidenten noch ein bisschen mehr ergrauen, im Streit um die Sanierung der Staatsfinanzen ließ er sich von den Republikanern den Schneid abkaufen.

Schluss mit dem "politischen Zirkus", polterte Obama nun und forderte die Kongressabgeordneten dazu auf, seine Job-Initiative "umgehend" zu verabschieden. Obama will der lahmenden US-Wirtschaft mit einem etwa 450 Milliarden Dollar (321 Milliarden Euro) schweren Konjunkturprogramm aus der Krise helfen. In seiner Rede am Donnerstagabend vor beiden Kammern des Kongresses legte Obama die Eckpunkte dar.

Der American Jobs Act (Gesetz für amerikanische Jobs) sieht Ausgaben in Höhe von 447 Milliarden Dollar (322 Milliarden Euro) vor und soll endlich die Wende am Jobmarkt schaffen soll. Während der von der Immobilien- und Finanzkrise ausgelösten Rezession war die Arbeitslosenquote von unter fünf auf mehr als neun Prozent geklettert und verharrt seither auf diesem für die USA sehr hohen Niveau.

Nach Angaben des Weißen Hauses sieht das Programm umfangreiche Senkungen der Sozialabgaben für Arbeitnehmer und Firmen sowie Infrastruktur-Investitionen vor. Außerdem plant Obama weitere Investitionen in die Infrastruktur und das Bildungswesen des Landes. Die Hilfszahlungen an Arbeitslose sollen ebenfalls verlängert werden.

Die Maßnahmen sollen das ohnehin schon gigantische Defizit nicht weiter vergrößern. Obama werde ein bereits jetzt mit der Suche nach Einsparmöglichkeiten beauftragtes Gremium von Abgeordneten bitten, auch die Finanzierung des Programms sicherzustellen. Noch in diesem Monat wolle der Präsident zusätzlich einen eigenen Katalog mit Sparvorschlägen vorlegen. Wie viele Stellen durch die Maßnahmen geschaffen oder erhalten werden sollen, dazu wollten sich ranghohe Regierungsbeamte nicht äußern.

Obama forderte den Kongress auf, seinen Plan "umgehend" zu verabschieden. "In diesem Gesetzeswerk sollte nichts Kontroverses zu finden sein", sagte der Präsident und fügte hinzu: "Alles hier drin sind die Art von Vorschlägen, die sowohl von Demokraten als auch von Republikanern unterstützt werden." Zugleich versicherte er, dass das Konjunkturpaket durch langfristige Spardisziplin komplett gegenfinanziert werden könne - und kündigte weitere Schritte zur Sanierung des Staatshaushalts an.

Der Einsatz ist hoch für Obama, viel Zeit bleibt ihm nicht bis zum Wahltermin im November 2012. In Umfragen sackten seine Beliebtheitswerte zuletzt ab, die große Mehrheit sieht das Land unter ihm auf dem falschen Weg. Für den Präsidenten ist diese Initiative wohl die letzte Chance, um beim wahlentscheidenden Thema Wirtschaft und Jobs zu punkten.

Die Reaktion der republikanischen Seite war verhalten. Der Sprecher des Repräsentantenhauses, John Boehner, erklärte, die Vorstellungen Obamas "verdienen eine Prüfung". "Wir hoffen, dass er unsere Ideen ebenfalls ernsthaft prüft." Zuvor hatte der republikanische Minderheitsführer im Senat, Mitch McConnell, gesagt, bei den Vorschlägen handele es sich nicht um einen Job-Plan, sondern vielmehr um einen "Plan für die Wiederwahl" Obamas.

Obama dürfte mit seinen Vorschlägen vor allem bei der Tea-Party-Bewegung auf wenig Verständnis stoßen. Der erzkonservative Flügel der Republikaner hat sich die knallharte Senkung der öffentlichen Ausgaben auf die Fahnen geschrieben, neue Milliarden für staatliche Investitionsprogramme erscheinen daher wie eine Provokation. Die bisherigen Milliardenpakete der Regierung Obamas zur Stimulierung der Konjunktur haben die US-Wirtschaft auch nicht aus dem Tal geholt, argumentieren die Hardliner.

Lagarde lobt Obamas Konjunkturprogramm

Kurz nach der Rede von Obama hat sich denn auch eine prominente Vertreterin zu Wort gemeldet - und die Ablehnung des Konjunkturprogramms gefordert. Mit kurzfristigen Maßnahmen könne die US-Wirtschaft nicht angekurbelt werden, sagte Michele Bachmann. "Überlassen wird die Wirtschaft dem freien Markt", forderte Bachmann. Auch der republikanische Abgeordnete Ron Paul sprach sich gegen das Konjunkturprogramm aus.

Allerdings riskieren die Republikaner, mit einer Verweigerungshaltung den Groll der Wähler auf sich zu ziehen. Obama baute in seine Rede eine Reihe von Angeboten an die gegnerische Seite ein, etwa Kürzungen beim Gesundheitsprogramm Medicare oder den Abbau von Regulierungen für Unternehmen. Der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Harry Reid, nannte Obamas Vorschläge daher einen "Lackmustest" für die Republikaner: "Ich hoffe, sie werden der amerikanischen Bevölkerung zeigen, dass sie mehr Interesse an der Schaffung von Jobs haben als daran, Präsident Obama zu besiegen."

Lob für Obamas Konjunkturprogramm kam hingegen von der Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde: "Wir begrüßen die Vorschläge", sagte Lagarde in London. Die USA müssten aber auch ihre Staatsfinanzen sanieren. Auch die anderen Industriestaaten forderte Lagarde auf, mehr für das Wachstum zu tun. Dazu sollten die Regierungen ohne Scheuklappen vorgehen und auch ungewöhnliche Schritte erwägen. Besonders in der Euro-Zone müssten mehr Länder fiskalpolitisch handeln.

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