Obamas Rede in Berlin:Was soll er bloß sagen?

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Findet US-Präsident Obama am Mittwoch eine Formulierung, die jahrzehntelang in Erinnerung bleibt? John F. Kennedy und Ronald Reagan ist dies bei ihren Auftritten in Berlin gelungen. Doch gerade das legendäre "Ich bin ein Berliner" von JFK zeigt, welch banale Faktoren beim Verfassen einer Rede eine Rolle spielen können.

Von Matthias Kolb

Barack Obama hat ein Gespür für Worte und wohlformulierte Sätze. Noch bevor er ins Weiße Haus einzog, verfasste er zwei Bestseller über sein Leben, die Suche nach der eigenen Identität und über seine politischen Ideale. Der 51-Jährige ist ein glänzender Rhetoriker und schreibt wichtige Reden - etwa jene zur Verleihung des Friedensnobelpreises 2009 - häufig selbst.

Ob der 44. US-Präsident den Auftritt vor dem Brandenburger Tor am Mittwoch so wichtig nimmt, dass er selbst zur Feder greift, ist nicht bekannt. Bisher heißt es recht schwammig, dass Obama über die "tiefe und anhaltende Verbindung" zwischen Deutschen und Amerikanern sprechen wolle. Aber natürlich wissen auch seine Berater und Redenschreiber, dass Ronald Reagan 1987 ("Mister Gorbatschow, tear down this wall") und John F. Kennedy 1963 vor dem Schöneberger Rathaus Formulierungen fanden, die im kollektiven Gedächtnis der Deutschen haften blieben.

Abwandlungen und Anspielungen auf Kennedys "Ich bin ein Berliner" finden sich in fast jedem Artikel zum anstehenden Staatsbesuch, die Vorgeschichte zur berühmten Wendung weniger. Der US-Präsident habe darauf bestanden, einige Worte auf Deutsch zu sagen, berichtet der Historiker Andreas Daum in seinem Buch über Kennedys Deutschland-Reise. Doch leider war Kennedy, der vor mehr als 50 Jahren ähnlich viele Hoffnungen weckte wie später Barack Obama, eine Niete in Fremdsprachen.

Kennedy-Besuch 1963
:Als Berlin JFK zu Füßen lag

Im Sommer 1963 hat John F. Kennedy Deutschland besucht. Der Auftritt des US-Präsidenten im ummauerten Westberlin löste eine Welle der Begeisterung aus. Eine Million Menschen jubelten JFK zu - nur ein deutscher Politiker schien griesgrämig zu sein. Der Kennedy-Besuch in Bildern.

Wie Der Spiegel jüngst genüsslich schilderte, scheiterte Kennedy trotz mehrmaligem Üben regelmäßig am Satz "Ich freue mich, im freien Berlin zu sein, der Stadt, die ein leuchtendes Symbol ist, nicht nur für Europa, sondern für die ganze Welt." Auch lautschriftliche Hilfen wie "Ish FROYA mish, im FRY-en Bear-LEAN tsu sine ... " halfen dem damals mächtigsten Mann der freien Welt nicht weiter.

Also musste eine andere, kürzere Lösung her - und das legendäre "Ich bin ein Berliner" war geboren. Auch hier war eine lautschriftliche Hilfe nötig: Der Zettel mit der Aufschrift "Ish bin ein Bearleener" ist etwa hier zu sehen.

Der Auftritt in der Stadt, die seit zwei Jahren durch eine Mauer geteilt war, verfehlte ihre Wirkung nicht, wie etwa Alan Posener in seiner soeben erschienenen Kennedy-Biografie bilanziert: "Mit seiner jugendlichen Ausstrahlung verkörpert Kennedy den deutschen Traum von Amerika. Neben ihm wirken de Gaulle und Adenauer wie Relikte aus einer anderen Zeit."

Hohe Erwartungen an Barack Obamas Rede in Berlin (Foto: AP)

Liebe Leser, nun sind Sie gefragt. Welchen Satz sollte Barack Obama am Mittwoch vor dem Brandenburger Tor sagen? Schicken Sie uns Ihre Vorschläge an debatte@sz.de.

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Seit dem legendären Auftritt John F. Kennedys in Berlin versuchten alle seine Amtsnachfolger bei ihren Besuchen in der Stadt prägnante Sätze zu platzieren, gerne auch in deutscher Sprache. Eine Übersicht in Bildern.

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