Obamas Energiepolitik:Der Brennwert des Papiers

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Barack Obamas Energiesparpläne sind ehrgeizig. Trotzdem werden viele seiner durchweg pragmatischen Vorschläge einen schnellen Tod sterben. Denn im Kongress regiert der Rotstift.

Christian Wernicke

Die Reden sind Legende. Beinahe vier Jahrzehnte ist es her, da wollte der Republikaner Richard Nixon seiner Nation ein "Project Independence" verschreiben und das Land von seiner Abhängigkeit von Ölimporten befreien. Vier Jahre später blies ein Demokrat ins gleiche Horn: Die Überwindung von Amerikas ewigem Durst nach billiger Energie, so sprach Jimmy Carter, entspreche "moralisch einem Krieg". Und sogar George W. Bush, der Spross einer an Rohöl reich gewordenen Dynastie, diagnostizierte 2006: "Amerika ist süchtig nach Öl."

Hat ehrgeizige Pläne vorgestellt: US-Präsident Barack Obama (Foto: REUTERS)

Nun also hat Barack Obama die Petro-Manie seiner Nation angeprangert. Auch er will Amerikas Abhängigkeit von Ölimporten verringern (diesmal um ein Drittel binnen 14 Jahren), und klarer als die meisten seiner Landsleute macht er die Energiepolitik als eine Schicksalsfrage seiner Nation aus. Diese Herausforderung, so gelobte der Demokrat, wolle er weder künftigen Präsidenten noch seinen Kindern hinterlassen. Am Mittwoch, bei seiner Rede vor tausend Studenten der feinen Georgetown University, beschwor er die nächste Generation, sich mit typisch amerikanischem Forscherdrang und patriotischem Erfindergeist ans Werk zu machen: "Dies ist euer Geburtsrecht. Es gibt kein Problem, das ihr nicht lösen könnt."

Große Worte. Nur liest sich das meiste, was der Präsident da feilbot, wie das Kleingedruckte einer Powerpoint-Präsentation eines Ministerialrats. Mehr Wärmedämmung daheim, weniger Benzinverbrauch auf der Straße, mehr Biodiesel sogar in den US-Kampfjets - all das ist so gut und schön wie sein Appell zum Ausbau von Sonnen- und Windenergie. Sogar sein Ratschluss, dass in Zeiten des Klimawandels niemand auf den Strom aus heimischen Kernkraftwerken verzichten könne, ist wohl abgewogen.

Und doch ist Obamas Energieplan kaum kostbarer als der Brennwert des Papiers, auf dem er gedruckt wurde. Viele seiner durchweg pragmatischen Vorschläge werden einen schnellen Tod sterben. Im Kongress herrscht der Rotstift. Und weil dort nunmehr die Republikaner mitregieren, wird stramm ideologisch gekürzt: Programme mit klimapolitischen Effekten stehen ganz oben auf den Streichlisten.

Obamas Rede offenbarte gleichwohl auch, wie sehr er seine Ansprüche zurückgefahren hat. Der ehemalige Kandidat von Hope und Change weiß genau, dass er ohne eine Verteuerung fossiler Brennstoffe niemals Amerikas Sucht nach Öl kurieren kann. Den Vorschlag einer überparteilichen Kommission jedoch, zur Sanierung von Umwelt und Staatsfinanzen die Benzinsteuer um umgerechnet drei lächerliche Euro-Cent pro Liter zu erhöhen, greift der Präsident nicht auf.

Auch zu einem Gesetz für den Emissionshandel schweigt er. Immerhin: Falls Arabiens Befreiungskämpfe Amerikas Benzinpreis weiter in die Höhe treiben, kann Obama aufs Archiv verweisen: Da steht ja alles. Gleich neben den vergilbten Manuskripten von Nixon und Carter.

© SZ vom 01.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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