Süddeutsche Zeitung

Obama zu Besuch bei Netanjahu in Israel:Freundlichkeit statt Frost

Ein herzliches Verhältnis hatten sie nie. Beim Staatsbesuch von Barack Obama in Israel beschworen er und Israels Premier Netanjahu nun aber die besondere Qualität der Beziehungen und waren demonstrativ nett zueinander. Im Friedensprozess mit den Palästinensern soll die Obama-Visite neue Impulse bringen.

"Wo wollen Sie beginnen?", fragt Barack Obama, gerade seiner Air Force One entstiegen. Der US-Präsident erkundigt sich auf dem Rollfeld des Flughafens Ben Gurion bei einem israelischen Protokolloffizier nach dem Ablauf der Begrüßungszeremonie. "Wir folgen der roten Linie, Sir", antwortet dieser und meint den ausgelegten roten Teppich.

"Die rote Linie, ok", sagt Obama und zeigt auf Israels Premierminister Benjamin Netanjahu, der ihn am Flugzeug empfangen hat. "Er spricht immerzu über rote Linien mit mir. Das Ganze ist also ein psychologischer Plan", sagt Obama. Dank der mitlaufenden TV-Kameras erfährt die Welt auch Netanjahus spontane Antwort: "Alles minutiös vorbereitet", sagt er grinsend.

Der US-Präsident spielt mit seiner Frage auf eine Rede Netanjahus vor der UN-Vollversammlung im vergangenen Herbst an. Bewaffnet mit der Zeichnung einer tickenden Bombe hatte Israels Premier damals davor gewarnt, dass Iran im Streben nach Atomwaffen im Frühjahr eine "rote Linie" überschreiten und die Welt zu einer Entscheidung über Krieg oder Frieden zwingen könnte.

Die kleine Szene am Flughafen zeigt indes: Es ist noch Platz für Ironie im Verhältnis der beiden Politiker. Das ist insofern eine Überraschung, als dass man die Atmosphäre zwischen Netanjahu und Obama in den vergangenen Jahren mit einiger Berechtigung als eher frostig bezeichnen kann. Mehrfach war es zu offenen Konflikten gekommen, immer wieder kritisierte Obama zum Beispiel die Siedlungspolitik der Regierung. Zu einem schweren Zerwürfnis kam es bei Netanjahus Besuch in Washington 2011. Obama hatte offen die Grenzen von 1967 als Basis für Friedensverhandlungen mit den Palästinensern vorgeschlagen - was Netanjahu aufgebracht abgelehnt hatte.

"Danke, dass Sie hinter Israel stehen"

Wenn ein neuer Präsident sein Amt antritt, ist es Usus, dass er den wichtigsten Partnern einen Besuch abstattet. Nachdem Barack Obama am 20. Januar 2009 als 44. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika vereidigt wurde, war das genauso. Vier Wochen später besuchte Obama Kanada, kurz danach gab es eine große Europa-Reise mit Stationen unter anderem in Großbritannien, Frankreich, Deutschland und der Türkei.

Auch Israel zählt außenpolitisch zu den wichtigsten Partnern der USA. Für viele US-Präsidenten war der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern eines der wichtigsten außenpolitischen Anliegen in ihrer Amtszeit. Bis zu Obamas Staatsbesuch in Israel dauerte es allerdings: vier Jahre und zwei Monate, mehr als eine ganze Amtszeit.

Vielleicht gerade deshalb waren beide Seiten jetzt um demonstrative Herzlichkeit bemüht: "Ich habe heute eine simple Botschaft an Sie und an das amerikanische Volk: Danke. Danke, dass Sie hinter Israel stehen", sagte Netanjahu auf dem Flughafen von Tel Aviv. Obama bekräftigte die "unverbrüchliche Bindung" zwischen beiden Staaten. "Ich bin fest davon überzeugt, dass unsere Allianz ewig ist", sagte Obama in der kurzen Willkommenszeremonie, das Wort "ewig" in hebräischer Sprache hinzusetzend. Die USA seien "stolz, der stärkste Verbündete Israels zu sein".

Israel zu neuen Friedensverhandlungen bereit

MIt Freundlichkeiten ging es weiter: "Israel wird keinen besseren Freund finden als die Vereinigten Staaten", sagte Obama beim Zusammentreffen mit Israels Staatspräsident Schimon Peres in dessen Residenz. Zugleich betonte er das Recht der Israelis auf Sicherheit. Obama war zuvor von Kindern in der Residenz von Peres begrüßt worden. "Die Kinder haben in etwa dieselben Träume wie alle Kinder überall", sagte er dazu. "Sie wollen Frieden und Freiheit vom Terrorismus", sagte der US-Präsident, und dafür wollten beide Länder weiter gemeinsam arbeiten.

Im Zusammenhang mit den Nahostkonflikt betonte Netanjahu, weiter eine Zwei-Staaten-Lösung in Nahost anzustreben. "Israel bleibt dem Frieden weiterhin voll verpflichtet", sagte der Ministerpräsident Er rief die Palästinenserführung zu neuen Friedensverhandlungen auf. "Wir strecken unsere Hand zum Frieden aus", sagte Netanjahu. Er hoffe, dass der Besuch von Obama dazu beitrage, die Meinungsunterschiede beiseite zu lassen und ein neues Kapitel aufzuschlagen.

Zugleich warnte er erneut vor der Gefahr einer nuklearen Aufrüstung Teherans. "Diplomatie und Sanktionen haben das Atomprogramm des Irans nicht gestoppt", sagte Netanjahu. Sie müssten von einer glaubhaften militärischen Drohung begleitet sein, um Erfolg zu haben. Obama machte deutlich, dass die USA notfalls auch mit Waffengewalt eine nukleare Aufrüstung des Irans verhindern wollen. Zwar ziehe er weiterhin eine diplomatische Lösung vor, sagte der US-Präsident, allerdings seien "alle Optionen sind auf dem Tisch. Die Politik der USA sei es "den Iran daran zu hindern, Nuklearwaffen zu erlangen".

Eine scharfe Warnung richtete Obama auch an das Assad-Regime in Syrien, keine Chemiewaffen anzuwenden oder an Terroristen weiterzuleiten. Dies wäre ein "ernster und dramatischer Fehler", für den das Regime in Damaskus verantwortlich gemacht würde.

Am Donnerstag trifft der US-Präsident in Ramallah im Westjordanland Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, mit dem er tags darauf auch die Geburtskirche in Bethlehem besuchen will. Für Donnerstag ist zudem eine Rede Obamas im Kongresszentrum von Jerusalem vor Hunderten jungen Israelis geplant. Am Freitag will der US-Präsident nach Jordanien weiterreisen.

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