Obama würdigt "I Have a Dream"-Rede:Weiter Weg zu Martin Luther Kings Traum

Der Marsch der Bürgerrechtsbewegung sei noch nicht vollendet: US-Präsident Obama erinnert an die berühmte "I Have a Dream"-Rede von Martin Luther King vor fünfzig Jahren. Auch heute noch müsse das Land zum Teilen bereit sein.

Von Nicolas Richter, Washington

Fünfzig Jahre nach der historischen Rede Martin Luther Kings in Washington hat US-Präsident Barack Obama die Leistung der Bürgerrechtsbewegung gewürdigt, aber die wirtschaftliche Ungerechtigkeit im Land angeprangert. Die Teilnehmer am Marsch auf Washington hätten 1963 nicht nur gleiche Rechte verlangt, sondern gleiche Chancen auf materiellen Erfolg, erklärte der Präsident.

Auf den Stufen des Lincoln-Denkmals mahnte er, das Werk der damaligen Aktivisten sei noch nicht vollendet. Über weiten Teilen des Landes liege noch immer der "Schatten der Armut". Es gehe heute nicht darum, ob Schwarze Millionäre werden könnten, sondern ob jeder Mensch in den USA Zugang finden könne zur Mittelschicht. Das Land sei noch immer geteilt.

Es gebe nun zwei Wege, erklärte Obama vor Zehntausenden Zuschauern in der Hauptstadt. Entweder behielten ein paar Reiche allen Wohlstand für sich und alle anderen kämpften um den "schrumpfenden wirtschaftlichen Kuchen". Oder aber das Land sei in der Lage, zu teilen. Die Lehre von 1963 bestehe darin, dass man gegen Ungerechtigkeit kämpfen könne, und dass Gemeinsamkeit Mut mache.

"Amerika, ich weiß, der Weg wird weit sein, aber wir werden es schaffen", sagte der Präsident. Das Feuer, das King einst entzündet habe, brenne weiter. Jeder, der im Alltag für Bildung und Gerechtigkeit eintrete und anderen helfe, marschiere noch immer, wie die Bewegung einst marschiert sei.

Kings Einsatz habe Amerika "freier und fairer" gemacht

Obama erinnerte an die Ungerechtigkeit, die Amerika noch vor 50 Jahren gekennzeichnet habe. Menschen verschiedener Hautfarbe hätten nicht heiraten dürfen, schwarze Soldaten hätten im Ausland für Freiheit gekämpft, die ihnen zu Hause verwehrt wurde. Und doch seien die Menschen nicht bitter geworden, sondern hätten friedlich und mutig für gleiche Rechte gekämpft. Ihr Einsatz habe Amerika "freier und fairer" gemacht, nicht nur für Schwarze, auch für Frauen oder Latinos.

King hatte in seiner Rede am 28. August 1963 seinen berühmtesten Satz gesagt: "Ich habe einen Traum." Er träumte von einem Land, in dem seine Kinder nicht nach ihrer Hautfarbe, sondern nach ihrem Charakter beurteilt würden. Wenige Jahre später beendete Präsident Lyndon B. Johnson per Gesetz die schlimmsten Diskriminierungen schwarzer Bürger. King selbst wurde 1968 ermordet.

Vor Obama hatten zahlreiche prominente Amerikaner gesprochen. Der schwarze Abgeordnete John Lewis, der letzte noch lebende Redner beim Marsch auf Washington 1963, erinnerte daran, dass zahlreiche Ungerechtigkeit fortbestünden. "Die Narben und Makel des Rassismus sind immer noch tief in die amerikanische Gesellschaft eingebrannt", sagte Lewis.

Die TV-Moderatorin Oprah Winfrey würdigte die Leistung Kings mit den Worten: "Er zwang ein ganzes Land dazu, aufzuwachen, sich anzuschauen, und sich zu ändern." Auch die früheren Präsidenten Jimmy Carter und Bill Clinton traten auf. Clinton bezeichnete den 28. August 1963 als einen der wichtigsten Tage in der gesamten amerikanischen Geschichte.

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