Obama und der Krieg im Gaza-Streifen:Wandel ja! Aber bitte später

Gaza brennt, Israels Bomben töten täglich, doch der gewählte US-Präsident schweigt: Barack Obama duckt sich auf internationaler Ebene weg.

Christian Wernicke

Die Welt muss warten. 17 lange Tage noch wird der Globus abgespeist mit der Formel, dass Amerika "zu jeder Zeit nur einen Präsidenten" hat. Das ist Barack Obamas schrecklich korrekte und strikt verfassungstreue Art zu sagen: Sorry, nicht zuständig.

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(Foto: Foto: AFP)

Zwar feilt der künftige Präsident, weil innenpolitisch attraktiv, seit Wochen daheim an seinem Image als Erlöser, indem er persönlich jeden Spiegelstrich eines Milliardenprogramms zur Wiederbelebung der darbenden US-Wirtschaft editiert. Aber auf internationaler Ebene duckt sich Obama weg.

Gaza brennt, Israels Bomben töten täglich. Doch Anspruch auf "Change" darf die Außenwelt erst anmelden ab dem 20. Januar 2009, Punkt zwölf Uhr mittags Washingtoner Zeit. Israelis und Palästinenser - bitte hinten anstellen! Der Wandel kommt später.

Vielleicht, und wenn überhaupt. Welchen Kurs Barack Obama im Nahen Osten genau einschlagen wird, das weiß Amerikas 44. Präsident wahrscheinlich selbst noch nicht. Nur, eine radikale Abkehr von der Linie des George W. Bush wird es kaum sein.

Denn die Vereinigten Staaten schauen anders auf den Nahen Osten als Europa. Die sehr einseitige Sympathie für Israel ist nicht nur eine strategische Perspektive der Supermacht - sie ist zugleich Amerikas tief empfundene, sehr populäre Herzenssache.

Obama hat dies, klar und fundamental, bereits artikuliert, als er im vorigen Sommer zu Besuch in Israel erklärte, auch er würde "alles in meiner Macht" tun, um sein Heim und seine beiden Töchter vor dem hinterhältigen Beschuss mit Hamas-Raketen zu schützen. Heute liest sich die Bemerkung wie ein Freibrief für Israels Luftangriffe.

Der Wandel muss in Gaza beginnen

Nur, wie weiter? Washingtons Noch-Regierung unter Bush mutet dem israelischen Verbündeten bisher nicht einmal den öffentlichen Rat zu, auf eine weitere Eskalation per Bodenoffensive zu verzichten.

Und Obama hält sich, samt aller Berater, an sein konstitutionelles Schweigegelübde. Nur streng vertraulich fordert Washington von Jerusalem Zurückhaltung - was am Ende zu wenig sein könnte, um Israels Panzer zu stoppen.

Zugleich ruft das aktuelle Vakuum in Washington in Erinnerung, was die Welt in mindestens sieben der vergangenen acht Jahre erleben musste: Dass Amerikas Regierung nicht eingreifen wollte in den alten Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern, dass die Supermacht schlicht ihre Verantwortung für den Frieden leugnete.

Und dass, obendrein, der scheidende Präsident glaubte, er könne die geschundene Region besser und billiger durch noch einen Krieg im Irak zu seinem Wohlgefallen ordnen.

Hier, am Ende dieses Irrwegs, wollte Obama eine neue Politik beginnen. Sein Wandel in Nahost sollte mit dem US-Abzug aus dem Irak beginnen, und in Gesprächen mit dem Feind namens Iran.

Die Wirklichkeit hat diese Strategie auf den Kopf gestellt: Der Wandel in Nahost muss mit Gaza anfangen - und das wird ganz Amerika zurückholen in eine Region, die Obamas Vorgänger nie begriff.

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