Obama-Reise durch Südostasien:Allein unter Riesen

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Zwei Riesen: US-Präsident Barack Obama und sein chinesischer Amtskollege Xi Jinping im Juni 2013.

(Foto: AFP)

Wie stark China und die USA um Südostasien konkurrieren, zeigt Obamas Reise durch die Region. Doch Staaten wie Malaysia oder die Philippinen wollen sich nicht für einen der Riesen entscheiden - zu groß die wirtschaftliche Macht Chinas, zu unzuverlässig die Amerikaner. Die Zwerge schaukeln lieber.

Ein Kommentar von Arne Perras, Singapur

Man muss kein Zwerg sein, um sich im Reich zweier Riesen unbehaglich zu fühlen. Was tun, wenn sich die beiden Großen streiten? Stellung beziehen oder sich besser raushalten? Schwierig wird es auch, wenn die Kleinen mit einem der Riesen in Zank geraten und dann nicht wissen, ob sie sich hinter dem anderen Riesen verschanzen sollen oder nicht. Es fällt nicht leicht, Position zu beziehen, wenn man ein Land in Südostasien regiert.

China und die USA sind dort Rivalen, sie ringen um Einfluss in einer ökonomisch dynamischen Region. Dieser Wettlauf rückt in diesen Tagen wieder ins Licht, weil der US-Präsident nach Gesprächen in Japan und Südkorea am Wochenende weiter nach Süden fliegt. Er wird dort Malaysia und die Philippinen besuchen. Und stets wird im Hintergrund die Frage aufblitzen, wie die kleineren Staaten Asiens der Macht der Chinesen begegnen sollen.

Die Rivalität der beiden Riesen zwingt viele Länder des Asean-Verbunds zu einem Balanceakt. Eigentlich zeigen nur die Philippinen eindeutig Flagge. Manila sucht den militärischen Beistand der früheren Kolonialmacht USA, weil es sich von China im Streit um strategisch wichtige Inseln gegängelt fühlt. Die Mehrheit der Staaten in der Region aber schaukelt doch am liebsten hin und her. Sie wollen weder den einen noch den anderen provozieren oder enttäuschen. Und hoffen, dass sie mit beiden großen Mächten auskommen können.

Die Staaten der Region wollen weder die USA noch China reizen

Malaysia etwa will Obamas Besuch nutzen, um die Bande mit Amerika zu stärken, aber Kuala Lumpur muss auch aufpassen, Peking nicht weiter zu verärgern. Das mysteriöse Verschwinden von Flug MH370 hat Spannungen ausgelöst. Für die Malaysier gilt, was auch die meisten anderen Staaten erkennen: Sie können es sich nicht leisten, China zum Gegner zu haben. Ihnen ist der rasante Aufstieg des großen Nachbarn aber auch unheimlich.

Die Philippiner haben den Schaden schon zu spüren bekommen. Als sich die Konfrontation auf dem Meer mit Peking vor einiger Zeit zuspitzte, wollten chinesische Importeure auf einmal keine philippinischen Bananen mehr haben. China setzte mittels seiner Marktmacht die Daumenschrauben an, und alle, die mit China im Südchinesischen Meer um Seegebiete, Inselgruppen oder auch nur unbewohnte Riffe streiten, haben das genau beobachtet.

Weil Peking seine Gebietsansprüche bislang kompromisslos formuliert und teils mit rabiaten Manövern auf hoher See unterstreicht, wächst die Angst. Nur führt das keineswegs dazu, dass sich diese Länder auch gleich in die Arme der Amerikaner flüchten würden. Sie betrachten Chinas Machtzuwachs als unvermeidlich. Und sie wissen, dass sie künftig damit leben müssen. Die Abhängigkeiten sind zu groß, um sich der Macht Chinas zu entziehen.

In Südostasien sieht man aber auch den ökonomischen Nutzen, und nicht allein die Gefahr. Wirtschaftliche Verflechtungen werden enger, und wenn es China gut geht, profitieren auch meistens die Nachbarn davon. Hinzu kommt, dass die Mehrheit der Regierungen Südostasiens von der Behauptung der Amerikaner, einen Schwenk nach Asien zu vollziehen, nicht überzeugt sind. Sie haben gesehen, wie Washington in Syrien rote Linien zog - und nicht handelte. Sie sehen in der Ukraine, wie Putin agiert - und der Westen reagiert. Im Oktober hatte Obama seine Teilnahme am Apec-Gipfel in Bali abgesagt, um die US-Haushaltskrise zu lösen. Für die Asiaten ein Zeichen der Schwäche. Wo es also asiatische Ängste vor hegemonialen Bestrebungen der Chinesen gibt, dort herrscht gleichzeitig Skepsis, was die Amerikaner dem wachsenden Gewicht Pekings entgegenzusetzen haben.

So schaukeln diese Staaten also lieber weiter, wollen es sich mit beiden Riesen nicht verderben. Mühsam ist dieser Spagat. Aber noch haben sie ihn nicht bereut.

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