Obama: Mit "Bild" im Fitnessstudio:Die blonde Stalkerin

Der US-Politiker Barack Obama hat eine besondere Erinnerung an Berlin: Er fühlt sich von einer Bild-Reporterin vorgeführt. Das sei wie im Hollywood-Film gewesen.

Franz Baden

Stalking ist in Amerika ein ernster Vorgang. Als die New York Times nun den Auftritt des demokratischen US-Präsidentschaftskandidaten in Berlin bilanzierte, sprach sie von "Stalking", also vom belästigendem Verfolgen eines Prominenten. Und Barack Obama stimmte zu. Er gab sich schockiert über den Bericht einer Reporterin, der in Bild als Scoop galt: Bild-Reporterin Judith Bonesky hatte über ihre Begegnung mit dem Amerikaner im Fitnessstudio des Hotels Ritz Carlton geschrieben: "Die Tür geht auf. ER ist es wirklich."

Obama: Mit "Bild" im Fitnessstudio: "Wow, er schwitzt nicht mal": Barack Obama stemmte neben Judith Bonesky die Hanteln.

"Wow, er schwitzt nicht mal": Barack Obama stemmte neben Judith Bonesky die Hanteln.

(Foto: Screenshot: www.bild.de)

Später dichtete die blonde Frau von Seite zwei: "Ich fasse ihm um die Hüfte - wow, er schwitzt nicht mal! Ich denke: Was für mein Mann!"

Was für ein Journalismus scheint Barack Obama zu denken, zurück zu Hause in New York. Der Kolumnistin Maureen Dowd von der New York Times sagte er, gerade erst zu erkennen, woran er sich gewöhnen müsse. Und er erinnerte an den Film "Die Farbe des Geldes" mit Paul Newman, in dem Forest Whitacker so tue, als könne er nicht Billard spielen - und dann habe er die anderen abgezockt.

"Sie zockte uns ab", sagt Obama: "She hustled us." Sie habe am Laufband gestanden und ausgesehen wie ein normales deutsches Mädchen, erinnert sich Obama an dem Moment, als er das Fitnessstudio betrat. Sie habe gelächelt, schüchtern gewunken und am Schluss brav ("Ich bin ein großer Fan") um ein gemeinsames Foto gebeten. Leibwächter Reggie Love machte es.

In Bild war das Treffen ausgeschmückt worden. "Hallo, wie geht's?", habe Obama zu Beginn gefragt, ehe Reporterin Bonesky beschrieb, wie der Politiker Pop auf dem iPod hörte, die Hanteln stemmte und Rumpfbeugen machte. Sie erkannte "durchtrainierte Arme, knackige Rückansicht". Das taugte als Seite-eins-Geschichte für die Freitagsausgabe von Bild. Chefredakteur Kai Diekmann persönlich zeigte dem Senator aus Illinois um 22:45 Uhr im Berliner Lokal "Borchardt" die druckfrische Ausgabe seiner Boulevardzeitung. Aus seiner Truppe kann keiner die Aufregung um die Sache verstehen.

Es war also ein richtiger Bild-Tag, denn schon bei seinem Gespräch im Kanzleramt mit Angela Merkel habe der Gast aus Amerika die aktuelle Bild-Zeitung entdeckt, die deutsche Politiker per Fotomontage als Obama verwandelt hatte. "Hey, was ist das?", habe der US-Politiker gesagt, teilte die Zeitung ihren Lesern mit.

Und das ist überhaupt die Frage, angesichts dieser seltsamen außenpolitischen Mischung aus Workout, Stalking und Namedropping: Hey, was ist das eigentlich?

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