Obama-Fotograf Pete Souza:Der den Präsidenten inszeniert

Ob mit den Füßen auf dem Tisch, beim Familienausflug oder mit Gewehr im Anschlag: Welches Bild sich Amerika und die Welt von Barack Obama machen, bestimmen nicht zuletzt die Aufnahmen von Pete Souza. Er ist der offizielle Fotograf des US-Präsidenten - und zählt zu den unbekannten Mächtigen in Washington.

Von Hubert Wetzel

Der Präsident beim Nachdenken, die Knöchel in die Backe gegraben; der Präsident beim Telefonieren, die Füße auf dem Tisch; der Präsident, wie er via Videoschaltung dem Sturm auf Osama bin Ladens Versteck zusieht, nervös, mit einem harten Zug um den Mund. Und dann der Präsident privat: mit seinen Töchtern auf dem Sofa, am Strand von Hawaii, in einem Hot-Dog-Laden. Millionen Menschen kennen die Fotos, geschossen hat sie alle ein Mann: Pete Souza, 59 Jahre alt, Amerikaner mit portugiesischen Wurzeln, seit 2009 offizieller Fotograf des US-Präsidenten.

Auch Souzas jüngstes Bild von Barack Obama wurde weltweit gedruckt. Es zeigt den Präsidenten im Oval Office am Telefon, ernst und konzentriert. Es geht in dem Gespräch um die Bomben in Boston. Und die Botschaft, die das Foto an die Amerikaner und die Welt senden soll, heißt: Der Präsident hat die Lage im Griff.

Das ist eine Botschaft, die oft in Souzas Bildern steckt: Im Ernstfall kann Amerika Obama vertrauen; es gibt eine zweite, die Souzas Fotos prägt: Obama, der lässige Bursche. Die Bilder, auf denen Obama mit Personenschützern Basketball spielt oder im Weißen Haus mit den Kindern seiner Mitarbeiter herumalbert, füllen Festplatten.

Souza, der Obama schon seit dessen Zeit als US-Senator mit der Kamera begleitet, ist aber nicht nur der offizielle Fotograf des Präsidenten. Er ist auch Leiter der Bildstelle des Weißen Hauses. Er bestimmt, wer den Präsidenten fotografieren darf und welche Fotos die Öffentlichkeit zu sehen bekommt.

Im Alltag funktioniert das oft so: Souza fotografiert alleine und veröffentlicht eine Auswahl seiner Bilder über die Internetdienste Twitter und Flickr. Dort sehen Millionen Menschen die Fotos, zudem dürfen die Medien sie kostenlos nutzen. Und weil Obamas Presseleute zugleich den Zugang von Bild- und Textreportern zum Präsidenten rigoros beschneiden, bleibt vielen Zeitungen nichts übrig, als Souzas Fotos zu drucken - andere gibt es nicht.

Die Folge: Amerika sieht Obama durch Souzas Kamera. Und Souzas Kamera wird dadurch zu einem politischen Werkzeug, manche sagen: zu einer Waffe. Als durchs Land der Vorwurf waberte, Obama wolle den Jägern ihre Gewehre wegnehmen, weil er ein Waffenfeind sei, erbrachte Souza den Gegenbeweis - per Foto: Obama, eine Schrotflinte an der Schulter, beim Tontaubenschießen in Camp David. Keine Präsidentenrede hat eine Debatte je so schnell beendet wie dieses eine Bild. Kein Zufall also, dass die Zeitschrift The New Republic den Fotografen auf ihrer Liste der unbekannten Mächtigen in Washington führt - auch wenn es manche Presseveteranen angesichts dieser Vermischung von Polit-PR und Journalismus schüttelt.

Da bleibt nur ein Trost: Souza ist ein klassisch ausgebildeter, altgedienter Fotojournalist. Jahrelang arbeitete er für die Chicago Tribune, für National Geographic und Life. Er mag heute sein Geld als Hoffotograf verdienen. Aber er macht einfach auch sehr gute Bilder.

Linktipp: Der amerikanische TV-Sender PBS hat 2010 eine 55-minütige Dokumentation über Pete Souza ausgestrahlt: "The Presidents Photographer".

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