Süddeutsche Zeitung

Obama-Besuch in Afghanistan:USA enttarnen versehentlich ihren Top-Spion

Lesezeit: 2 Min.

Geheimagenten arbeiten ständig an der perfekten Tarnung. Schließlich ist sie ihre Lebensversicherung im gefährlichen Spionagegeschäft. Der CIA-Chef in Afghanistan wurde nun enttarnt - von seiner eigenen Regierung.

Von Marc Zimmer

Der Überraschungsbesuch von Präsident Barack Obama bei den US-Truppen in Afghanistan wird von einer brisanten Panne überschattet: Das Weiße Haus hat aus Versehen die Identität seines Top-Agenten am Hindukusch preisgegeben. Der Name des Spions tauchte auf einer Liste wichtiger US-Vertreter auf, die im Zusammenhang mit dem Präsidentenbesuch an diverse Medienvertreter und Journalisten geschickt wurde. Das berichtete heute die Washington Post.

Auf der Liste standen die Namen von 15 Amtsträgern, die an einer Besprechung mit dem Präsidenten im Hauptquartier der US-Streitkräfte teilnehmen sollten. Neben dem US-Botschafter in Afghanistan, James B. Cunningham, und dem Isaf-Kommandeur General Joseph F. Dunford war auch ein "Chief of Station" namentlich auf der Liste aufgeführt - die CIA-interne Bezeichnung für den höchstrangigen Spion in einem Land.

Die Teilnehmerliste ging zunächst per E-Mail an US-amerikanische Reporter, die den Präsidenten bei seiner Überraschungsvisite an den Hindukusch begleiteten. Die Reporter wiederum leiteten sie im Zuge der Berichterstattung auch an ausländische Medienvertreter weiter.

Dem Chef des Büros der Post im Weißen Haus, Scott Wilson, fiel die ungewöhnliche Referenz zum "Chief of Station" auf - allerdings erst, als er eine Zusammenfassung des Obama-Besuchs inklusive der brisanten Namensliste an mehr als 6000 Empfänger gesandt hatte.

Auf Wilsons Nachfrage bei der Pressestelle der US-Regierung in Afghanistan hieß es zunächst noch, alles habe seine Richtigkeit. Schließlich hatten Militärbedienstete die Teilnehmerliste erstellt. Als das Weiße Haus den Fauxpas realisierte und eine überarbeitete Liste ohne den Namen ihres CIA-Chefs ausstellte, war es bereits zu spät: Auf Twitter wurde der Lapsus bereits heftig diskutiert. Dort häuften sich auch hämische Kommentare auf Kosten der US-Regierung. Einige Nutzer stellten eine Verbindung zu Whistleblower und Ex-CIA-Mitarbeiter Edward Snowden her.

Die Washington Post sah in ihrem Bericht von einer Veröffentlichung des Namens ab - auf Wunsch der Obama-Regierung. Diese hatte auf die Gefahr für ihren Agenten und dessen Familie verwiesen.

Immer wieder werden die Namen von Geheimdienstmitarbeitern öffentlich: 2012 wurde ebenfalls der damalige Chief of Station in Kabul identifiziert, 2013 enttarnte die pakistanische Partei PTI den Namen des dortigen CIA-Chefs. Die letzte vermeintliche Enttarnung eines CIA-Agenten durch die eigene Regierung liegt jedoch mehr als zehn Jahre zurück. Damals sorgte der Fall Valerie Plame für Schlagzeilen: Die Geheimagentin wurde 2003 von einem konservativen Kolumnisten enttarnt, ihrer Ansicht nach wegen der öffentlichen Kritik ihres Ehemannes an der US-Invasion im Irak.

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