Öl-Desaster:Obama rät zum Urlaub am Golf

Trotz des weiter sprudelnden Öls gibt sich US-Präsident Obama optimistisch - und empfiehlt den US-Bürgern sogar einen Urlaub an der Golfküste. Alles halb so schlimm, so die Botschaft. Doch BP soll viele Milliarden zahlen.

Während weiterhin riesige Mengen Öl aus dem BP-Bohrloch in den Golf von Mexiko sprudeln, bemüht sich US-Präsident Barack Obama um gute Laune. Er will den Amerikanern an den betroffenen Küstenstrichen Mut machen, mit allen Mitteln der PR.

U.S. President Obama looks out over water with Alabama Governor Riley during visit to Tacky Jack's restaurant in Orange Beach, Alabama

"Ich kann den Menschen an der Golfküste nicht versprechen, dass das Öl über Nacht entfernt wird. Das wird es nicht sein", erklärte US-Präsident Obama während seines Besuchs der Küste von Alabama.

(Foto: Reuters)

"Ich bin überzeugt, dass wir die Golfküste in einem besseren Zustand hinterlassen werden als vorher", erklärt er in Theodore im Staat Alabama. Auf seiner vierten Reise ins Krisengebiet besucht Obama neben Alabama auch die Bundesstaaten Mississippi und Florida.

Der Kampf gegen die "größte Umweltkatastrophe in der Geschichte des Landes" sei zwar schwierig und langwierig, sagt Obama. "Ich kann den Menschen an der Golfküste nicht versprechen, dass das Öl über Nacht entfernt wird. Das wird es nicht sein. Es wird für viele Menschen schmerzhaft werden."

Aber die Regierung setze jedes verfügbare Mittel ein, die Schäden zu verringern und zu beseitigen, auch um den typischen Lebensstil am Golf "für unsere Kinder und unsere Enkel und unsere Urenkel" zu erhalten.

Sehr viele Strände seien nicht verschmutzt, andere würden schnell gereinigt, erklärte Obama. Die Bevölkerung helfe der Region am besten, wenn sie dort Urlaub mache: "Es gibt immer noch viele Möglichkeiten für Touristen hier." Auch die verkauften Fische und Meeresfrüchte aus der Region seien von dem Öl nicht beeinträchtigt. Viele Strandgäste aber flüchten vor der braunen Gefahr.

Obama kündigte strengere Kontrollen der Wasserqualität und der Fischproduktion in der Region an, um das Verbrauchervertrauen zu stärken. Entsprechende Anweisungen gingen demnach an die Meeresbehörde NOAA und die Lebensmittelbehörde FDA. "Wir wollen keine weiteren Tragödien im Gefolge der Tragödie, die wir bereits vor uns sehen", sagte der Präsident. Wegen der Ölverseuchung ist derzeit der Fischfang in einem Drittel der US-Gewässer im Golf von Mexiko untersagt.

Große Sorgen macht Obama eigenen Angaben zufolge um das Marschland und die Feuchtgebiete an der amerikanischen Golfküste. Ein ganzes Ökosystem laufe Gefahr, auf sehr lange Zeit zerstört zu werden.

Vorbereitung auf Gespräche mit BP

Die zweitägige Tour dient für den Präsidenten auch zur Vorbereitung auf das Treffen mit BP am Mittwoch im Weißen Haus. Obama will dabei mit dem BP-Aufsichtsratsvorsitzenden Carl-Henric Svanberg über die Schadensersatz-Verpflichtungen des britischen Konzerns reden.

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Pelikane an der ölverseuchten Küste von Bird Island Two in Grand Isle, Louisiana. Barack Obama empfiehlt den US-Bürgern Urlaub an der Golfküste.

(Foto: AFP)

In den von der Ölpest betroffenen Gebieten wollte Obama eigenen Angaben zufolge in Gesprächen mit Geschädigten "Fakten und Geschichten" sammeln, mit denen die US-Regierung BP konfrontieren wolle. Der Präsident forderte vom britischen Energieriesen die Zusicherung, rechtmäßige Ansprüche auch über die kommenden Jahre "angemessen, gerecht und zügig" zu begleichen. Er betonte, dass die Regierung weiterhin "BP und alle verantwortlichen Parteien" für die Katastrophe haftbar mache. Die bisherigen Verhandlungen mit dem Konzern über einen "Abwicklungsprozess" seien konstruktiv angelaufen und er hoffe, dass sie bis Mittwoch deutliche Fortschritte machen.

Laut US-Medien sollen die Zahlungen aus einem unabhängig verwalteten Treuhandfonds kommen, in den BP einzahlen soll. Der Konzern habe auf Druck der Regierung seine Pläne zum Eindämmen des sprudelnden Öls bereits deutlich verbessert, sagte Obama. Offenbar will er 20 Milliarden Dollar für den Fonds.

Derzeit wird nur ein Bruchteil des Öls aufgefangen

BP wolle nun bis Ende Juni die Menge des Öls, das aus der defekten Quelle aufgefangen wird, auf täglich 6800 Tonnen ausweiten - zwei Wochen früher als geplant. Derzeit leitet BP 2100 Tonnen über einen Auffangbehälter auf ein Schiff. Das ist nach offiziellen Schätzungen lediglich ein Bruchteil dessen, was aus dem Bohrloch austritt. Der Konzern bereite sich zudem besser auf Stürme und andere unvorhersehbare Probleme vor. Zu den Plänen, wie die Ölpest weiter eingedämmt werden soll, will sich Obama heute in einer aus dem Weißen Haus übertragenen Fernsehansprache äußern.

Seit der Explosion der Bohrinsel Deepwater Horizon am 20. April sind aus der beschädigten Bohrleitung bis zu 380 Millionen Liter Öl ins Meer geflossen. Nach jüngsten Erkenntnissen treten bis zu acht Millionen Liter täglich aus, doppelt so viel wie bislang angenommen. BP hatte zuletzt über einen Absaugtrichter 2,3 Millionen Liter pro Tag abgefangen. Langfristig soll der Ölstrom durch zwei Ersatzbohrungen gestoppt werden, die voraussichtlich aber erst im August abgeschlossen sein werden.

Die Bewohner der US-Südküste dürften Obamas Überzeugung, man werde ihre Region in besserem Zustand hinterlassen als vorher, vermutlich mit Skepsis vernehmen. Bereits Obamas Vorgänger George W. Bush hatte ihnen nach dem Hurrikan "Katrina" im Jahr 2005 versprochen, nach dem Wiederaufbau werde die Region "noch besser und stärker" dastehen als vor der Katastrophe. Spätestens mit der Ölkatastrophe hat sich dieses Versprechen als unhaltbar erwiesen.

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