OB-Wahl in Düsseldorf:Rülpser der Arroganz

Oberbürgermeisterwahlen Düsseldorf - Elbers

Amtsinhaber Dirk Elbers (CDU) hat die OB-Wahl in Düsseldorf verloren - die Wahlparty verließ er durch die Küche.

(Foto: dpa)

Dirk Elbers führte Wahlkampf, als ginge er nur ihn etwas an, jetzt ist seine Partei sauer auf ihn. Dass der CDU-Politiker die Oberbürgermeister-Wahl in Düsseldorf verloren hat, liegt nicht zuletzt an seinem selbstherrlichen Stil.

Von Bernd Dörries, Düsseldorf

Er ist dann wirklich durch die kalte Küche geflohen vor seiner Stadt. Vor der fehlenden Zuneigung und auch vor dem Hass. Dirk Elbers war sechs Jahre lang Oberbürgermeister von Düsseldorf, einer Stadt, der es so gut geht wie keiner anderen in Deutschland: reich und schön, so sah man sich selbst und zeigte es auch gerne her. Allen voran der Oberbürgermeister, der so auftrat, als sei das alles sein Verdienst gewesen.

Dirk Elbers hatte ein unglaubliches Selbstbewusstsein, von dem nie ganz klar wurde, worauf es sich gründete. Wäre er so schlau gewesen, für wie er sich selbst hielt, dann wäre es vielleicht anders gekommen. Dann hätten ihn die Bürger am Sonntag nicht aus der Stadt gejagt: Nur 40,8 Prozent der Stimmen hat Elbers bekommen bei der Stichwahl, sein Gegner Thomas Geisel von der SPD erreichte fast 60 Prozent. Elbers verließ die Wahlparty im Rathaus über die Küche der Kantine.

Die Beurteilung von Politikern ist in den vergangenen Jahren oft zu einem Spiel geworden, in dem Medien und das Publikum nicht mehr die Positionen beurteilen, in dem es nicht mehr um eine Haltung zu den Dingen geht. Sondern nur noch um die Haltungsnoten, um die Größe des Fettnapfes, darum, wie sehr sich wieder einer zum Affen macht. Auch Elbers galt zuletzt als führend in der Pannenstatistik - über das Ruhrgebiet sagte er, dort wolle er "nicht tot über dem Zaun hängen".

So kritisch wie eine Zeitung in Nordkorea

Falsch zitiert, aus dem Zusammenhang gerissen, ungerecht, so sieht es auch Elbers, 54, nun und macht die Medien mitverantwortlich für seinen Sturz. Es war aber andersherum. Elbers benahm sich so anhaltend daneben, dass sein Verhalten irgendwann nicht mehr zu ignorieren war, in der öffentlichen Diskussion die Themen überlagerte. Er sprach von sich in der dritten Person, seine Wortmeldungen waren meist Rülpser der Arroganz. "Bei der Stichwahl werden wir sehen, wo Thomas Geisel ist - dann ist er weg", sagte Elbers. Jetzt ist der selbst Geschichte.

Seine Abwahl ist auch eine Niederlage für die Rheinische Post. Bei der SPD hielt man deren Berichterstattung über Elbers in etwa für so kritisch wie die der Pyongyang Times in Nordkorea über den jeweiligen Kim. Vor dem ersten Wahlgang veröffentlichte die Zeitung eine Umfrage, die nach gängigen Standards als manipulativ gelten kann, in der ein dubioses Institut ein paar hundert Wähler befragt haben will und den Amtsinhaber mit 57,3 Prozent vor SPD-Mann Geisel sah, der auf 31,9 Prozent kam.

"Elbers klar vorne", titelte die Zeitung, auch die hauseigenen TV- und Radiostationen verbreiteten die Nachricht tagelang. Die RP hatte wie Elbers übersehen, dass weite Teile des bürgerlichen Lagers und der Leser keine Lust mehr auf den Oberbürgermeister hatten. Man schrieb an der Stimmung in der Stadt vorbei. Das hat früher geklappt, jetzt konnte man in den sozialen Netzwerken lesen, wie groß der Frust über Elbers wirklich war.

Arrogant und beratungsresistent

Dessen Bilanz war ohne große Ideen, aber nicht völlig unerfolgreich. In der Wahl ging es ausschließlich um ihn. Das war ein Problem. Jahrelang hatte Elbers sich über die ärmeren Nachbarn im Ruhrgebiet lustig gemacht, hatte gegen den Kommunal-Soli geklagt. Wenige Tage vor der Stichwahl rauschte ein Orkan durch Düsseldorf, der so viel Schaden anrichtete, dass die Düsseldorfer ihn nicht alleine beheben konnten. Elbers hatte sich unsolidarisch gezeigt, die Nachbarn haben trotzdem geholfen, als die Bäume auf den Straßen lagen.

In der Partei hätten manche den Kandidaten gerne etwas versteckt, ihm etwas Prominentes zu Seite gestellt, Elbers fühlte sich groß genug, lehnte jede Hilfe ab. Man ist nun ziemlich sauer auf ihn in der Partei, weil er die letzte westdeutsche Landeshauptstadt für die Christdemokraten verloren hat, die nun in keiner der zehn größten Städte mehr regieren. Elbers habe den Wahlkampf wie eine "Privatsache" geführt, klagt CDU-Landeschef Armin Laschet am Montag. Er sei arrogant und beratungsresistent aufgetreten. Es war schwer, diese Wahl zu verlieren.

Einer dieser Seiteneinsteiger, auf die man immer wartet

Auch, weil bis vor einem Jahr niemand Thomas Geisel kannte, das neue Stadtoberhaupt. Geisel kommt aus Baden-Württemberg, was man auch hört, und war lange bei der Ruhrgas im Management. Er hat Jura studiert und ein Stipendium für Harvard bekommen. Er hat einen Lebenslauf, der eher so aussieht, als würde er zu vielem führen, aber nicht in die Politik. Er ist einer dieser Seiteneinsteiger, auf die man immer gewartet hat, die aber nie Lust hatten.

Geisel, 50, hat sich ein Haus im lebendigen Stadtteil Derendorf gekauft, die Türen waren recht offen dort in den vergangenen Wochen, wenn er mal eine Verschnaufpause einlegte, fast 2500 Termine hat er in einem Jahr gemacht - die Kandidatur als Beruf. Er wolle nicht alles anders, aber vieles besser machen. "Düsseldorf kann mehr", sagt Geisel auf seinem Sofa. Er möchte aus der reichen Stadt auch eine machen, die sich um die kümmert, die nicht so viel haben. Es wird viel gebaut in Düsseldorf, aber fast nur für jene, die es sich leisten können. Der soziale Wohnungsbau wird an die Ränder gedrückt, so, als störe er das Stadtbild. Die Kultur muss Investoren weichen, der Veranstaltungsort "Les Halles" einem neuen Großklotz .

Seine Gegner haben Geisel vorgeworfen, dass er wie alle Sozialdemokraten nicht mit Geld umgehen könne, die Schuldenfreiheit der Stadt aufs Spiel setze, neue Kredite aufnehmen wolle. "Sie verlassen den schuldenfreien Sektor", stand auf den Plakaten von Elbers am Ortsausgang. Geisel sagt, in Wahrheit habe die Stadt ihre Rücklagen verbraucht. Im Rathaus hängt eine Uhr, auf der angezeigt wird, wie lange die Stadt schon ohne Verbindlichkeiten sein soll. Geisel will sie abnehmen und notfalls auch mal Kredite aufnehmen. "Sollen wir neue Schulen bauen, wenn das Geld da ist? Oder wenn sie gebraucht werden?"

Geisel macht den Eindruck, als könne er es kaum erwarten, auch nach all den Tausenden Terminen. Ins Amt darf er aber erst im September. Für ihn mag es wie eine Strafe klingen.

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