Nuklearwaffen:Die Atommächte modernisieren

Eine atomwaffenfreie Welt ist nicht in Sicht. Die Zahl der Nuklearwaffen schrumpft zwar, aber die Arsenale werden erneuert.

Die Atommächte verfolgen nach Angaben von Friedensforschern einen besorgniserregenden Modernisierungskurs bei ihren Arsenalen. Zwar ging die Zahl der Atomwaffen auf der Erde im vergangenen Jahr um knapp vier Prozent zurück, wie das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri berichtete. Dafür seien die Nuklearmächte aber wieder stärker darauf aus, ihre Waffen zu modernisieren.

"Offen gesagt ist das ein negativer Trend", sagte der Sipri-Atomwaffenexperte Shannon Kile. Der Rückgang habe sich in den vergangenen Jahren verlangsamt und sei lediglich darauf zurückzuführen, dass die USA und Russland Waffen ausrangierten, die sie nicht mehr benötigten.

Insgesamt gab es im Januar 2019 schätzungsweise 13 865 Atomwaffen auf der Welt, wie aus dem am Montag veröffentlichten Sipri-Jahresbericht 2019 hervorgeht. Ein Jahr zuvor waren es etwa 14 465 gewesen. Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges Mitte der 1980er-Jahre gab es etwa 70 000 Atomsprengköpfe.

Noch gibt es keine Beweise, dass Nordkorea einen funktionierenden Sprengkopf hat

Mehr als 90 Prozent der Atomwaffen befinden sich heute laut Sipri im Besitz der USA und Russlands. Die beiden Länder besitzen den Schätzungen zufolge 6185 beziehungsweise 6500 Atomsprengköpfe. Aber auch die weiteren drei UN-Vetomächte Großbritannien (200), Frankreich (300) und China (290) sowie Israel (80 bis 90) und die in einen Konflikt verstrickten Staaten Indien (130 bis 140) und Pakistan (150 bis 160) verfügen über solche Waffen. Indien, Pakistan und auch China hätten ihre Arsenale schrittweise ausgebaut, so Kile. Lediglich Atomsprengköpfe der USA, Russlands, Großbritanniens und Frankreichs gelten teilweise als sofort einsatzbereit.

Die Zahl der Atomwaffen im Besitz von Nordkorea schätzen die Friedensforscher auf 20 bis 30 - nach 10 bis 20 ein Jahr zuvor und den Atomgesprächen mit den USA zum Trotz. Einen Beweis dafür, dass Nordkorea eine funktionsfähige Kernwaffe besitzt, gibt es laut Sipri aber nicht.

"Was wir sehen, ist, dass Atomwaffen bei nationalen Sicherheits- und Militärstrategien wieder wichtiger werden", sagte Kile. Unter der Regierung von Präsident Donald Trump betrieben die USA eine umfassende Modernisierungsstrategie. "Das umfasst sowohl die Waffen als solche, als auch Bomber, U-Boote, Marschflugkörper und die Produktionskapazitäten", sagte der Experte. Einen ähnlichen Trend könne man in Russland beobachten. Eine atomwaffenfreie Welt sei somit nicht in Sicht.

Erst vor knapp einer Woche hatte Bundesaußenminister Heiko Maas gewarnt, die Krise bei den Bemühungen um nukleare Abrüstung stelle eine Gefahr für den Weltfrieden dar. Nach einem Treffen mit Ministern 15 anderer Länder in Stockholm kritisierte er, dass das Thema Abrüstung derzeit überhaupt nicht auf der politischen Agenda stehe. Der Meinungsaustausch soll nun Anfang 2020 in Berlin in die nächste Runde gehen.

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