Nuklearstreit:Warum China und Nordkorea zur Freundschaft verdammt sind

Cherry Blossom Kirschblüte Metrostation

Zeit der Kirschblüte: Ein Journalist fotografiert eine Beamtin vor einer Metrostation in Pjöngjang. (Symbolfoto)

(Foto: REUTERS)
  • Nordkoreas und Chinas Propagandamedien liefern sich einen Schlagabtausch wegen des nordkoreaniscen Atomprogramms.
  • Trump übt Druck auf China aus, Nordkorea in Schach zu halten. China hat seitdem seine Sanktionen gegen das Land verschärft.
  • Tatsächlich ist das Land in der Zwickmühle. Es kann nicht ohne Nordkorea, aber auch nicht mit.

Von Kai Strittmatter

Offiziell sind China und Nordkorea Alliierte. Allerdings kann von Freundschaft zwischen den beiden kaum die Rede sein: Die Regierungen beider Länder trauen einander schon seit vielen Jahren kaum mehr über den Weg. Diese Woche nun war das gegenseitige Misstrauen öffentlich zu besichtigen - in einem seltenen Schlagabtausch der Propagandamedien beider Länder, gerade jetzt, da die Spannungen rund um die koreanische Halbinsel zunehmen.

Starker Tobak war das, den Nordkoreas amtliche Nachrichtenagentur KCNA am Mittwoch verbreitete. Der Nachbar China tanze "nach der Pfeife der USA", hieß es da. Peking handle "niederträchtig", mache "fahrlässige Kommentare" zum Atomwaffenprogramm Nordkoreas und riskiere "schwerwiegende Folgen". China überschreite mit dem Drängen, Nordkorea solle seine Atomwaffen aufgeben, eine "rote Linie".

China reagierte nicht minder scharf im Ton. Auf einen neuerlichen Atomtest Nordkoreas werde man "auf beispiellose Weise" reagieren, heißt es in einem Kommentar, den die Global Times am Freitag druckte. Das Blatt wird vom kommunistischen Parteiorgan Volkszeitung herausgegeben. Der Kommentar weist die Rhetorik der KCNA als "hyper-aggressiv" zurück und sieht hinter dem nordkoreanischen Atomprogramm eine "irrationale Logik" am Werk.

Donald Trump drängt China zum Handeln

China war von Anfang an gegen das Atomwaffenprogramm von Nordkoreas Kim-Dynastie gewesen. Der Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump, der China immer wieder zum Handeln drängt, und weitere mögliche Raketen- und Atomtests von Pjöngjang haben dem Thema jedoch eine neue Dringlichkeit verliehen. Das Parteiblatt Volkszeitung warnte diese Woche gleich zwei Mal, dass Pjöngjang mit seinem nuklearen Ehrgeiz "sich und die ganze Region in größte Gefahr" bringe.

Wahrscheinlich kommen die rhetorischen Ausfälle Pjöngjangs der KP in Peking gar nicht unrecht, liefern sie doch den USA und der Welt gegenüber den Beleg, dass China seinem kleinen Nachbarn nun auf die Zehen tritt. Anfang der Woche erst hatte dies Trumps nationaler Sicherheitsberater Herbert McMaster anerkannt. "Wir merken, dass die Chinesen anfangen zu handeln", sagte er und führte als Beleg die konsequentere Umsetzung existierender UN-Sanktionen gegen Nordkorea an.

Tatsächlich hatte China Mitte Februar alle Kohleimporte aus Nordkorea gestoppt und dem Land damit eine wichtige Devisenquelle genommen. Donald Trump und sein chinesischer Kollege Xi Jinping sind sich bei ihrem Treffen in Mar-a-Lago nähergekommen. Trump deutete zuletzt an, er wolle China entgegenkommen, wenn Peking ihm Pjöngjang gegenüber zur Seite stünde: "Ehrlich gesagt, Nordkorea ist wichtiger als Handel", sagte Trump am Wochenende. Und doch sind Zweifel angebracht, ob die neue Freundlichkeit zwischen den USA und China lange anhalten wird, ob es so etwas wie eine gemeinsame Nordkoreapolitik überhaupt geben kann.

China steckt in der Zwickmühle - da sind sich fast alle Beobachter einig

Es gibt auch innerhalb Chinas Stimmen, die eine Neuausrichtung Pekings fordern. Im Moment gebe es dazu "ein positives Momentum", schreibt etwa der Nordkorea-Experte Zhu Feng von der Universität Nanjing. Die Allianz mit Pjöngjang habe Chinas Interessen in der Region schwer geschadet, argumentiert er. Sie habe den Ruf des Landes in Mitleidenschaft gezogen und ihm gleichzeitig die Stationierung des amerikanischen THAAD-Raketenabwehrsystems in Südkorea beschert, direkt vor der eigenen Haustüre. Es sei Zeit für eine Neuausrichtung.

Gleichzeitig aber sind sich fast alle Beobachter einig, dass China sich in der Zwickmühle sieht. Zwar ist das Land für 80 Prozent des Außenhandels Nordkoreas verantwortlich und kann die Schrauben weiter anziehen, etwa mit einem temporären Öl-Embargo. Es ist aber unwahrscheinlich, dass dies Nordkorea beeindruckt.

Der einzige Schritt, der wirklich zum Ende des Atomwaffenprogramms führte, wäre wohl der Totalboykott und in der Folge der Kollaps des Regimes. Ein Schritt, den Trump sich wohl erträumt - den Peking jedoch niemals riskieren wird. Erstens möchte China keine US-Truppen in einem vereinten Korea an seiner Grenze sehen. Wichtiger aber noch: Das Land fürchtet das Chaos des Zusammenbruchs, der Millionen von Flüchtlingen zur Folge hätte, im schlimmsten Falle gar einen Krieg und nukleare Verseuchung.

Der Handel zwischen China und Nordkorea ist 2017 sogar deutlich angestiegen

Und so ergibt sich ein widersprüchliches Bild: zwei Alliierte, die einander beschimpfen und drohen und doch nicht voneinander lassen können. Und ein China, das auf der einen Seite Nordkorea mit dem Kohleboykott empfindlich trifft, auf der anderen Seite aber den Handel mit dem Land sogar ausbaut. Im ersten Quartal 2017 stieg den Angaben des chinesischen Zolls zufolge der bilaterale Handel um 37,4 Prozent im Vergleich zum vergangenen Jahr.

Aus Chinas Sicht liegt der Schlüssel eben nicht in Peking, sondern in Washington. Nordkorea möchte nämlich direkte Gespräche mit dem einstigen Kriegsgegner USA, und am Ende Sicherheitsgarantien. "China hat nicht den Schlüssel zu Nordkoreas Sicherheitsbedenken, und hat deshalb keinerlei Einfluss, um dieses fremde Land zum Stopp seines Nuklearprogrammes zu überreden", heißt es in einem neuen Nordkorea-Papier von Fu Ying, der Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses von Chinas Nationalem Volkskongress.

Trumps überraschende Äußerung vom Montag, er würde sich "geehrt" fühlen, Nordkoreas Diktator Kim Jong-un zu treffen, löste deshalb in Peking einige Aufregung aus. Ein Sprecher des Außenministeriums sah schon einen "Durchbruch" am Horizont. Aber davon kann im Moment keine Rede sein. Derweil präsentieren Nordkorea-Beobachter von der amerikanischen Gruppe "38 North" Satellitenbilder der vergangenen Woche, die neue Aktivitäten an einem Tunnel zeigen, der womöglich für einen neuen Atomtest hergerichtet wird. Wann auch immer der befürchtete sechste Test des Regimes kommt, am Ende ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass China und die USA einander enttäuschen werden.

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