Süddeutsche Zeitung

Atomkatastrophe in Japan:Geschlampt und geschummelt

Das Erdbeben und der Tsunami waren Naturkatastrophen, ihnen musste sich Japan ergeben. Die Nuklearkatastrophe war hingegen vermeidbar. Für sie tragen Tepco und auch die Regierung die Verantwortung.

Christoph Neidhart

Mit der Ausweitung der Evakuierungszone und der Neueinstufung von Fukushima 1 erkennt Japans Regierung endlich die Schwere der Nuklearkatastrophe an. Wieso dies gerade jetzt geschieht, ist nicht klar. Japan, das nicht einmal Pläne zur Bewältigung einer Nuklearkatastrophe hatte, würde niemals zugeben, dass es auf Druck aus dem Ausland reagiert. Die Regierung hat schließlich auch viel zu lange jede fremde Hilfe abgelehnt. Rational zu erklären ist das nicht.

Das Erdbeben und der Tsunami waren Naturkatastrophen, ihnen musste sich das Land ergeben. Die Nuklearkatastrophe war hingegen vermeidbar. Für sie tragen die Betreiberfirma Tepco und die japanische Regierung die Verantwortung - nicht nur diese, auch ihre Vorgänger. Tepco hat geschlampt, geschummelt und sich gegen Verbesserungen der Sicherheit gewehrt. Premier Naoto Kan hat die Firma selbst nach der Katastrophe weiter werkeln lassen, selbst als die USA ihn baten, das Krisenmanagement in die Hand zu nehmen.

Kan und seine Demokratische Partei haben Tepco und den Atomstaat Japan von den Liberaldemokraten LDP geerbt. Sie regierten von 1955 bis 2009 und haben die Korruption institutionalisiert und legalisiert, die es Tepco erlaubte, zu pfuschen und zu betrügen. Die LDP war es, die im Parlament Warnungen in den Wind schlug und Kontrollen ignorierte. Wo ist Parteichef Sadakazu Tanigaki von der LDP, wo sind frühere Regierungschefs wie Junichiro Koizumi, Shinzo Abe und Taro Aso?

Sollten sie nicht zusammen mit Tepco-Chef Masataka Shimizu für das System geradestehen, das diese Nuklearkatastrophe wenn nicht erst möglich, dann zumindest wahrscheinlicher gemacht hat?

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Quelle:
SZ vom 13.04.2011
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