NSU-Prozess:Wie die anderen Verurteilten heute zur rechtsextremen Szene stehen

André Eminger, NSU-Prozess

André Eminger, engster Vertrauter der NSU-Terrorzelle, ist weiterhin fest in der rechtsextremen Szene verankert.

(Foto: Peter Kneffel/DPA)

Im Gegensatz zu Beate Zschäpe sind ihre früheren Mitangeklagten inzwischen alle auf freiem Fuß. Ein Überblick.

Von Annette Ramelsberger

Beate Zschäpe ist die einzige der insgesamt fünf Angeklagten des NSU-Prozesses, die noch in Haft sitzt. Sie ist mittlerweile 46 Jahre alt und lebt seit 2018 im modernen Frauengefängnis in Chemnitz. Sie hatte sich gewünscht, von der JVA Stadelheim in München, wo sie fünf Jahre während des Prozesses mit Blick zum Innenhof einsaß, nach Sachsen verlegt zu werden. Sie gilt als unauffällige Gefangene.

Sollte sie je freikommen, würde es schwierig für sie. Denn ihre Großmutter, die sie liebte, ist tot. Zu ihrer Mutter hat sie ein zerrüttetes Verhältnis. Ihre Familie waren die beiden Männer Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos, mit denen sie 13 Jahre im Untergrund zusammengelebt hat. Da sie vor Gericht mehrfach erklärt hatte, sie habe sich von der rechtsradikalen Szene abgewandt, ist es für sie nur schwer möglich, an alte Kontakte wie den zur Familie Eminger anzuknüpfen.

André Eminger kam mit dem Urteil am 11. Juli 2018 auf freien Fuß. Er wurde lediglich zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt und ist seit 2018 in Freiheit. Er verließ den Gerichtssaal unter dem Gejohle seiner rechten Kameraden, die zur Urteilsverkündung gekommen waren. Eminger ist zurückgekehrt nach Sachsen, zu seiner Familie und den mittlerweile drei Kindern.

Er ist fest in der rechtsextremen Szene verankert, liebt Skinheadkonzerte, wo er sich immer wieder aufhält. Auch bei rechtsradikalen Demonstrationen wurde er gesehen. Selbst sein Anwalt nannte ihn einen "Nationalsozialisten mit Haut und mit Haaren". Der Neonazi war der engste Vertraute der Terrorzelle, der die NSU-Leute mit Frau und Kindern jede Woche besuchte und sogar einen Hausaltar für die toten Kameraden Mundlos und Böhnhardt errichtet hatte.

Ralf Wohlleben, früher NPD-Kader, wurde wegen der Beschaffung der Tatwaffe für neun der zehn NSU-Morde zu zehn Jahren Haft verurteilt. Davon hat er fast sieben Jahre abgesessen, seit August 2018 ist auch er auf freiem Fuß und lebt mit seiner Frau und den beiden Töchtern bei Gleichgesinnten in einem Dorf in Sachsen-Anhalt. Er soll laut Ermittlern Zuwendungen von dem rechten Anwalt Dirk Waldschmidt erhalten haben und zwar aus Geld, das die Rocker-Gang "Turonen" in Thüringen mit Prostitution und Rauschgifthandel gemacht haben soll. Er gilt in der Szene weiter als Ikone, weil er - anders als Zschäpe - nie abgeschworen hat.

Der Jugendfreund des NSU-Trios, Holger G., der ihnen Pass und Führerschein für ihr Leben im Untergrund überlassen hatte, bekam drei Jahre Haft. Er musste sie ebenfalls nicht mehr antreten, einen Teil hatte er während des Prozesses abgesessen. Er lebt in der Nähe von Hannover. Während des Prozesses hatte er erklärt, seine Freundin halte zu ihm. Er war stolz darauf, als Lagerist in einer Firma als Leistungsträger zu gelten. Angeblich hatte er sich von der harten rechten Szene abgewandt.

Der Jüngste der Angeklagten war Carsten S., der dem NSU mit 20 Jahren die Tatwaffe überbracht hatte, sich dann von der rechten Szene abwandte. Im Prozess sagte er unter Tränen aus und entschuldigte sich bei den Angehörigen der Opfer. Der heute 41-Jährige nahm die Strafe von drei Jahren Jugendstrafe an, ging in Haft und ist mittlerweile wieder frei. Er lebt mit einem neuen Namen und neuer Identität, um ihn vor Racheakten seiner früheren Kameraden zu schützen.

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