Es kommt kein schlechtes Wort über seine Lippen. Geht es um "die jungen Leute", mit denen sein Sohn in den Neunzigerjahren herumzog, kann Professor Siegfried Mundlos nichts Böses entdecken. Nicht, als er sie zu ihren Treffen an den Baggersee fuhr, auch nicht, als sie am Lagerfeuer saßen. Vor allem einen nimmt der pensionierte Informatikprofessor immer wieder in Schutz: Ralf Wohlleben, den früheren NPD-Funktionär, der nun mit Beate Zschäpe auf der Anklagebank im NSU-Prozess sitzt. Der beschuldigt wird, für den NSU Waffen besorgt zu haben. Und der auch sein Auto zur Verfügung stellte, damit das Trio fliehen konnte.
Dieser Ralf Wohlleben ist für den Vater des Neonazis Uwe Mundlos ein ordentlicher Mann. So ordentlich, dass er ihn sogar im Januar 1998, als sein Auto mit Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos verschwunden war, in seinem eigenen Wagen zur Arbeit in einen Nachbarort fuhr, jeden Tag, morgens und abends. Recht ruhige Fahrten sollen das gewesen sein, sagt Vater Mundlos. Und: Er habe das Gefühl gehabt, dass Wohlleben mit "der Garagengeschichte" nichts zu tun haben wollte - mit jenem Sprengstoff-Fund in Zschäpes Garage, nach dem die Drei in den Untergrund abtauchten. Wohlleben habe auf ihn den Eindruck gemacht, dass er das Auto nur aus Kameradschaft zur Flucht zur Verfügung gestellt hatte. Deswegen habe er ihn auch chauffiert. "Der junge Mann sollte nicht auch noch berufliche Nachteile haben", sagt Professor Mundlos, "wegen einer solchen Unbedachtheit"
. Vater Mundlos ist voll des Lobes. "Ich hatte auf den Fahrten nicht das Gefühl, dass er sich auf so Bombendinge einlässt. Er schien mir überlegter, ruhiger als die anderen zu sein. Er sagte, er wolle über Parteien und Wahlen Einfluss gewinnen. Und ich dachte, er sei ein Familienmensch und dass er mehr den gemäßigten Weg gehen will."
Vater Mundlos lässt nichts auf Wohlleben kommen
Mundlos hat Wohlleben gefragt nach seinem Sohn. Wohlleben habe gesagt, er wolle sich mit so einer Sache nicht abgeben. Die Ermittler sind aber mittlerweile sicher, dass Wohlleben der Kontaktmann des Trios war und ihnen willige Helfer schickte. Doch Vater Mundlos lässt auf den Mann nichts kommen. Er lobt, wie gewissenhaft der seiner Arbeit nachging.
Offensichtlich hat Vater Mundlos nicht viel mitgekriegt, was sich im Leben seines Sohnes ereignete. Demonstrationen, Skinheadtreffen, Polizeiaufgriffe - von all dem weiß er nichts. Am Ende sagt die Nebenklage-Vertreterin Doris Dierbach: "Der Zeuge malt uns ein romantisches Bild seines Sohnes, der eigentlich nicht in der rechten Szene war, sondern sich nur modisch für Springerstiefel und Bomberjacke interessiert hat." Auch der Kieler Anwalt Alexander Hoffmann erklärte, der Vater habe sich über die letzten Jahre in ein geschlossenes Vorstellungsbild hineingearbeitet, wonach sein Sohn ein unschuldiges Opfer sei.
Mehrere Nebenklage-Anwälte beantragten, den rechten Szeneanwalt Thomas Jauch als Zeugen zu vernehmen. An ihn hatte sich das Trio gewandt, als es im Untergrund war. Er habe auch andere Neonazis vertreten und könne vermutlich Aussagen zum Untertauchen des Trios machen. Auf Jauchs Grundstück in Lützen bei Leipzig fanden immer wieder Skinheadkonzerte statt.