NSU-Prozess in München:Vom "Omakind" zum NSU-Mitglied

NSU-Prozess Beate Zschäpe

Die Angeklagte Beate Zschäpe betritt am Dienstag den Gerichtssaal des Oberlandesgerichts in München.

(Foto: dpa)

Vor Gericht hat Beate Zschäpe bislang kein Wort über ihre Vergangenheit verloren. Im NSU-Prozess hat nun ein Polizeibeamter ausgesagt, dem die Angeklagte direkt nach ihrer Festnahme begegnet war. Ihm hat Zschäpe von Kindheitserinnerungen erzählt und wie die beiden Uwes zu ihrer Familie wurden.

Von Annette Ramelsberger

Beate Zschäpe trug einen übergroßen Jogginganzug, den ihr die Polizei gegeben hatte, hatte ihre Unterwäsche für die Spurensicherung abgeben müssen und hatte tagelang nicht geduscht. Das Haar war strähnig, sie hatte Ringe unter den Augen. So saß sie am 8. November 2011 abends in der Polizeidirektion Zwickau zwei Polizisten gegenüber und sagte erst mal - nichts.

Denn Angaben zur Sache, zu der Brandstiftung in Zwickau, derer sie damals zunächst nur beschuldigt wurde, lehnte sie ab. Aber dann musste sie eine Weile warten, bis sie von anderen Polizisten abgeholt wurde, und in dieser Zeit entspann sich ein Gespräch. Dieses Gespräch ist eines der wenigen Zeugnisse, die Einblick in das Leben von Beate Zschäpe im Untergrund geben - und dementsprechend intensiv wurde am Dienstag im Gerichtssaal des Münchner NSU-Prozesses nachgefragt.

Allein, der Kriminalhauptmeister, der Zschäpe damals zu Essen und zu Rauchen anbot, erinnert sich nicht mehr recht. Immer wieder verweist er nur auf seinen schriftlichen Vermerk von damals. Wer dachte, hier seien noch Erinnerungsschätze zu heben, der wurde enttäuscht.

Dass Beate Zschäpe gesagt hatte, zum ersten Mal seit vielen Jahren hätte sie bei der Unterschrift unter das Polizeiprotokoll wieder ihren echten Namen verwendet, das wusste der Beamte noch. Auch dass sie gesagt habe, ihre Lebensgefährten Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hätten doch eine behütete Kindheit gehabt - im Gegensatz zu ihr selbst. Sie könne sich nicht erklären, wie die beiden "so" geworden seien.

Was das "so" denn bedeute, fragten Richter und Nebenkläger nach. Das bedeute wohl schon "kriminell", erklärte der Polizist. Aber das Wort "kriminell" habe Frau Zschäpe nicht benutzt. Sie habe auch erzählt, dass sie ein schlechtes Verhältnis zu ihrer Mutter habe und eher ein "Omakind" sei. Und dass sie es bedauere, nicht noch Kontakt zu ihrer Oma aufgenommen zu haben, bevor sie sich der Polizei stellte. Und dass die beiden Uwes in all den Jahren ihre Familie geworden seien.

Beate Zschäpe presst während der Aussage die Lippen aufeinander, es steht ein eingefrorenes Lächeln in ihrem Gesicht, die Arme hat sie vor der Brust verschränkt. Dabei müsste ihr das ausgeprägte Sächsisch des Polizisten doch sehr vertraut in den Ohren klingen. Am Nachmittag soll noch ein Beamter des Bundeskriminalamtes gehört werden, der Zschäpe nach Karlsruhe brachte.

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