NSU-Prozess in München:Gericht verlost Presseplätze

NSU-Prozess Oberlandesgericht München Beate Zschäpe

Die Presseplätze im NSU-Prozess werden jetzt im Losverfahren vergeben.

(Foto: dpa)

Das Münchner Oberlandesgericht vergibt die Presseplätze im NSU-Prozess jetzt per Losverfahren. Für türkische Medien werden vier Plätze reserviert. Doch nun droht neuer Ärger.

Die Presseplätze im NSU-Prozess werden jetzt im Losverfahren vergeben. Dabei werden Kontingente gebildet, wobei zwischen in- und ausländischen Medien unterschieden wird. Das teilte das Oberlandesgericht (OLG) am Freitag auf seiner Internetseite mit. Für türkische Medien werden vier Plätze reserviert.

Der Vizechefredakteur der türkischen Zeitung Sabah, Ismail Erel, begrüßte das neue Akkreditierungsverfahren. "Es ist fair, es ist transparent. Da fragt man sich natürlich: Warum nicht gleich so", sagte Erel am Freitag der Nachrichtenagentur dpa. "Ich denke, dass jeder jetzt die gleichen Chancen hat."

Neu ist nun auch die Möglichkeit der "nachträglichen Poolbildung": Demnach kann jeder akkreditierte Journalist "jederzeit im Einvernehmen mit einem Medium, das einen reservierten Sitzplatz erhalten hat, für dieses den reservierten Sitzplatz einnehmen". Auch für die gesamte Verfahrensdauer.

Damit kommt das Münchner Gericht seinen Kritikern entgegen. Im ersten Akkreditierungsverfahren gingen türkische Medien leer aus - was für viel Ärger im In- und Ausland gesorgt hatte. Einige Journalisten hatten daraufhin angeboten, ihre Plätze an türkische Medien abzugeben. Doch ein solcher Tausch war nicht möglich, da das Gericht die Reservierungen strikt nach Reihenfolge ihres Eingangs vergeben hatte. Laut Anmeldungsliste wäre dann der Nordbayerische Kurier nachgerückt.

Eigentlich hätte der NSU-Prozess am vergangenen Mittwoch beginnen sollen. Doch dann hatte das Bundesverfassungsgericht einen Eilantrag der Sabah gegen die Sitzplatzvergabe angenommen - und entschieden, dass eine angemessene Zahl von Sitzplätzen an türkische und griechische Journalisten vergeben werden muss. Vorgeschlagen wurden drei zusätzliche Plätze - oder aber ein neues Verfahren der Sitzplatzvergabe.

Einteilung in drei Gruppen

Das Münchner Gericht hatte sich daraufhin entschieden, das Akkreditierungsverfahren neu auszuschreiben und den Prozessstart auf den 6. Mai verschoben. Für Medienvertreter stehen im Schwurgerichtssaal A 101 dann nach wie vor nur 50 Plätze zur Verfügung.

Laut einer Verfügung des OLG werden diese an drei Gruppen vergeben: In- und ausländische Nachrichtenagenturen (Gruppe 1) haben fünf reservierte Plätze, davon gehen zwei an Agenturen, "die Nachrichten (auch) in deutscher Sprache im Inland verbreiten".

Deutschsprachige Medien mit Sitz im Ausland und fremdsprachige Medien (Gruppe 2) haben zehn reservierte Plätze. Für türkischsprachige Medien werden vier Plätze reserviert - acht der zehn NSU-Opfer waren türkischer Abstammung. Für griechisch- und persischsprachige Medien gibt es je einen reservierten Platz. Eines der Münchner Opfer war Grieche, bei einem Sprengstoffattentat in Köln wurde eine Deutsch-Iranerin schwer verletzt.

"Auf Deutsch publizierende Medien mit Sitz im Inland" (Gruppe 3) bekommen demnach die restlichen 35 Plätze. Wobei insgesamt zehn Plätze für Fernsehen und Rundfunk reserviert werden, acht für werktäglich erscheinende Printmedien und vier für wöchentlich erscheinende Printmedien. Onlinemedien und freie Journalisten erhalten kein eigenes Kontigent. Die Akkreditierung beginnt am Freitag, 12 Uhr, die Auslosung erfolgt am Montag, 29. April, durch einen Notar.

Neuer Ärger droht

Dem Gericht droht nun aber bereits neuer Ärger: Ein Journalist, der im ersten Verfahren einen festen Sitzplatz bekommen hätte, hat bereits rechtliche Schritte angekündigt, wenn er nun herausfallen sollte. Eine Gerichtssprecherin sagte: "In dem neuen Verfahren wird es auch wieder Leute geben, die nicht berücksichtigt werden." Damit werde es logischerweise neue Unzufriedenheit geben.

Keine Aussage traf der Senat zu der immer wieder geforderten Übertragung der Verhandlung in einen zweiten Saal. Erst am Mittwoch hatten Nebenklageanwälte das Gericht offiziell per Antrag zur Video-Übertragung aufgefordert. Einige Verteidiger hatten dies aber abgelehnt und vor einem "absoluten Revisionsgrund" gewarnt.

Auch der Präsident des Bundesgerichtshofs, Klaus Tolksdorf, hatte Bedenken gegen eine Videoübertragung geäußert: "Die rechtlichen Fragen einer solchen Übertragung sind hoch schwierig", erklärte er. Im Falle einer Revision beim NSU-Verfahren ist der BGH zuständig.

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