Süddeutsche Zeitung

NSU-Prozess:Empörende Sabotage

Prozesse dürfen nicht durch gewiefte Anwälte verschleppt werden.

Von Annette Ramelsberger

Das Gericht hat nun ausgesprochen, worum es im NSU-Prozess derzeit geht: um Prozessverschleppung durch zahllose, ins Blaue hinein gestellte Beweisanträge ohne sachlichen Hintergrund. Nach fast fünf Jahren ist der wichtigste Prozess der Republik im Stadium der Sabotage angekommen. Sie droht, das Jahrhundertverfahren kaputt zu machen.

Das geht aus von den drei rechtsgerichteten Verteidigern des Angeklagten Ralf Wohlleben, der dem mörderischen NSU-Trio die Tatwaffe für neun Morde beschafft haben soll. Wird einer ihrer Anträge abgelehnt, stellen die Verteidiger sofort einen Befangenheitsantrag gegen das Gericht. Dann muss der Prozess unterbrochen werden. Dann kommt ein neuer Antrag, dann wieder ein Befangenheitsantrag: eine Dauerschleife. Das Gericht kann sich kaum wehren gegen diese Leistungsschau juristischer Wortakrobatik. Und schon drängt der nächste rechte Anwalt in den Prozess, einer, der einmal mit dazu beitrug, dass ein Verfahren gegen Neonazis in Koblenz nach 340 Verhandlungstagen platzte. Man ahnt, was da kommt.

Solche Verteidiger kämpfen oft mit den Mitteln des Rechtsstaats - gegen den Rechtsstaat. Das muss der Gesetzgeber verhindern. Er täte damit ein gutes Werk: Denn solche Anwälte halten mit ihrer Verzögerungstaktik auch andere Angeklagte und Beteiligte in diesem Prozess gefangen - Menschen, die Aussicht haben, nach dem Prozess ein neues Leben anzufangen. Wenn er denn zu Ende gehen würde.

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Quelle:
SZ vom 21.03.2018
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