NSU-Prozess:Der Nebenkläger war's

Richter fordern, die Zahl der Nebenkläger zu beschränken. Als Negativ-Beispiel dient der NSU-Prozess - zu Unrecht.

Von Annette Ramelsberger

Die Nebenkläger sind an allem schuld. Diese Anwälte, die Familien von Gewaltopfern vor Gericht vertreten. Sie blähen Prozesse auf, machen sie unübersichtlich und verzögern sie. So hört sich die Klage an, wenn Richterbund oder Strafkammertag nach Reformen im Strafprozess rufen. Und immer muss der NSU-Prozess als schreckliches Beispiel herhalten. Dort vertreten 60 Anwälte mehr als 90 Nebenkläger, seit viereinhalb Jahren schleppt sich der Prozess dahin. Allerdings: Die Nebenkläger sind daran am wenigsten schuld.

Im Gegenteil. Die Engagierten unter den Opferanwälten haben den Blick des Gerichts auf die Unterstützerszene des NSU in Sachsen gerichtet und die Rolle des Verfassungsschutzes hinterfragt - Punkte, welche die Bundesanwaltschaft weitgehend aussparen wollte. Natürlich gibt es auch unter den Nebenklagevertretern in München solche, die bisher keine drei Sätze im Prozess verloren haben. Ein Anwalt hat sogar ein Opfer vertreten, das gar nicht existierte.

Viel mehr Bremswirkung als die Nebenkläger entfalten jedoch die vielen, oft kleinlichen Befangenheitsanträge gegen das Gericht. Seit zwei Wochen liegt der NSU-Prozess deswegen wieder lahm. Es wäre sinnvoll, die Strafprozessordnung so zu ändern, dass sie dem Gericht erlaubt, dennoch weiterzuverhandeln. Für diese Erkenntnis kann der NSU-Prozess mit gutem Grund als Beispiel dienen.

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