Süddeutsche Zeitung

NSU-Prozess:Zschäpe belastet Mitangeklagten schwer

  • Im NSU-Prozess nennt Beate Zschäpe Details, wie ihr Mitangeklagter Andre E. das Terror-Trio unterstützt habe.
  • Außerdem nennt sie eine ganze Reihe weiterer NSU-Helfer.
  • In ihrer von ihrem Anwalt vorgetragenen Erklärung geht sie auf fast jede der 54 Fragen des Gerichts ein.

Aus dem Gericht berichtet Annette Ramelsberger

Die Hauptangeklagte im NSU-Prozess hat am Donnerstag eine ganze Reihe von Helfern des NSU genannt und vor allem den Mitangeklagten Andre E. schwer belastet. Beate Zschäpe erklärte überraschend, wer ihr und ihren Freunden Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt nach dem Untertauchen Wohnungen besorgt, wer sie mit Pässen und Krankenkassen-Karten unterstützt, wer ein Konto für sie eröffnet und wer ihnen Waffen verschafft hat.

Zschäpe bestätigte die Anklage, wonach der Familienvater Andre E. aus Zwickau, der seit Beginn des NSU-Prozesses teilnahmslos auf der Anklagebank sitzt, sie davor bewahrt hatte, frühzeitig aufzufliegen, als sie nach einem Wasserrohrbruch in ihrer Wohnung zur Polizei musste. Dort gab Andre E. sie als seine Frau Susann aus.

Er habe ihr auch bei der Flucht geholfen und ihr Kleidung seiner Frau gegeben, als ihre Kleider nach Benzin stanken - sie hatte zuvor Feuer im Unterschlupf des NSU gelegt. Schon früher habe er eine Bahncard auf den Namen seiner Frau Susann für sie besorgt und auch Mundlos mit einer Bahncard versorgt. Der Angeklagte Andre E. ist seit Beginn des Prozesses von der Öffentlichkeit wenig beachtet worden.

Zudem belastete Zschäpe den früheren Sachsen-Chef der verbotenen rechtsradikalen Organisation "Blood and Honour", Jan W. aus Chemnitz, schwer: Böhnhardt habe ihr gesagt, auch W. habe eine Waffe für ihn besorgt. Sie habe etwas von einem Schalldämpfer in Erinnerung. Und aus einem Spieleladen in Zwickau habe Mundlos eine Pumpgun bekommen, die er bei Überfällen verwenden wollte, um eindrucksvoller zu wirken. Das war bisher unbekannt.

Zschäpe ging in ihrer 27-seitigen Erklärung fast auf jede der 54 Fragen des Gerichts ein, die Richter Manfred Götzl vor Weihnachten gestellt hatte. Auf Fragen der Bundesanwaltschaft und der Nebenkläger will sie weiterhin nicht antworten.

Zschäpe über ihren Alkoholkonsum

Sie zeichnete von sich selbst das Bild einer einsamen, verzweifelten Frau, die von ihren Männern wochenlang alleine gelassen wurde. Aus Gram darüber habe sie zu trinken angefangen. Heimlich, weil ihre Männer das missbilligten. Anfangs habe sie nur jeden zweiten Tag eine Flasche Wein getrunken, am Ende, nachdem sie von den Morden ihrer Freunde erfahren hatte, seien es dann zwei bis drei Flaschen Sekt am Tag gewesen.

Die Angeklagte betonte zwar immer wieder, dass sie Uwe Böhnhardt geliebt habe und Mundlos wie ein Bruder zu ihr gewesen sei, dennoch schilderte sie vor allem Böhnhardt als brutal. "Es kam vor, dass Uwe Böhnhardt auch mir gegenüber handgreiflich geworden ist", ließ sie vortragen. Und Mundlos sei zynisch gewesen. Die beiden Uwes hätten die Mordopfer ihr gegenüber als "Drecks-Türken" beschimpft und auf ihre Einwände gegen die Morde nur gesagt, dann gebe es halt "einen Ali" weniger.

Zschäpe sagte, sie habe sich der Polizei stellen wollen, wenn ihre beiden Freunde, wie geplant, nach Südafrika ausgewandert wären. Für sie sei Südafrika nicht infrage gekommen - viel zu heiß und eine fremde Sprache. "Ich hätte den Winter vermisst", sagte sie.

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SZ vom 22.01.2016/gal
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