Kay S. kennt Beate Zschäpe noch aus den 90er Jahren, wie sie gehörte er damals zur rechten Szene in Jena. Nun gibt er im NSU-Prozess als Zeuge ungewöhnlich bereitwillig Auskunft über die damalige Zeit. Überraschend gesteht er sogar seine Beteiligung an einer Tat im Jahr 1996 - und belastet dabei auch Zschäpe sowie den Mitangeklagten Ralf Wohlleben. Er selbst habe damals mitgemacht und später vor Gericht ein falsches Alibi gegeben, sagt Kay S.
Im April 1996 baumelte in Thüringen von einer Brücke der A4 eine Puppe über die Fahrbahn. An dem Torso war auf der Brust- und Rückenseite ein gelber Davidstern angebracht und die Aufschrift "Jude". Der Kopf hing in einer Schlinge. Auf der Brücke standen zwei Kartons, die durch ein Elektrokabel verbunden waren. Auf ein Verkehrszeichen hatten die Täter geschrieben: "Vorsicht Bombe".
Skat und Nintendo in Zschäpes Wohnung
Zschäpes Freund Uwe Böhnhardt stand wegen der Tat vor Gericht, man hatte an einem Karton seine Fingerabdrücke gefunden. Das Amtsgericht Jena hielt ihn für schuldig, aber das Landgericht hob das Urteil auf. Kay S., Raf Wohlleben, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe hatten damals als Zeugen ausgesagt und ihren Freund entlastet. Erst sei man auf einer Party gewesen, anschließend habe man in Zschäpes Wohnung gemeinsam Skat und Nintendo gespielt. Das Amtsgericht hielt das in seinem Urteil zwar für "unglaubhaft", das Landgericht jedoch entschied "trotz einiger Zweifel" letztlich auf Freispruch.
Nun, fast 20 Jahre später, gesteht Kay S., er habe damals vor Gericht gelogen. Und nicht nur das. Er sagt auch: Außer ihm selbst und Böhnhardt seien Mundlos, Zschäpe und Wohlleben bei der Puppen-Aktion dabei gewesen. Der 40-jährige Zeuge stellt es so dar, als sei er in etwas hineingerutscht. Die anderen hätten ihn angesprochen, sie bräuchten ihn als "Alibi-Zeugen", er müsse etwas für sie tun. "Ich hätte Nein sagen sollen. Müssen."
Mit der Planung habe er nichts zu tun gehabt, beteuert der Zeuge; dazu könne er gar nichts sagen. Im Laufe der Zeit habe sich sein Verhältnis zu Mundlos, mit dem er zuvor enger befreundet gewesen sei, abgekühlt. Mit Böhnhardt habe er ohnehin Probleme gehabt. Der habe sadistische Züge besessen und soll angeblich mal ein Kaninchen lebendig begraben haben - "das geht gar nicht".
Im Nachhinein habe er sich intensiver damit befasst, was er selbst getan habe, sagt Kay S.. "Ich muss sagen, es tut mir wirklich leid, dass ich da auch gelogen hab' vor Gericht." Noch bei einer Zeugenvernehmung der Polizei nach Entdecken des NSU hatte Kay S. die Geschichte mit dem Puppentorso zunächst verschwiegen.