NSA in Deutschland:Der unheimlichste Geheimdienst der Welt

Im Kalten Krieg war "Amerikas großes Ohr" auch in Deutschland mehr als präsent: Die NSA belauschte nicht nur sowjetische Generäle und arabische Diktatoren, sondern auch die Regierung in Bonn. Noch heute muss Deutschland die Neugier des Geheimdienstes fürchten.

Von Hans Leyendecker

Auf allen Kontinenten hatte einst die National Security Agency (NSA), der geheimste aller Geheimdienste, seine Horchposten stationiert. Und "Amerikas großes Ohr", wie die NSA auch genannt wurde, war in Deutschland sehr präsent. Allein in Berlin beschäftigte die NSA in den Achtzigerjahren 600 Leute; die CIA hatte dort nur 70 Agenten platziert.

Unübersehbar waren die Antennenschüsseln und Empfangsanlagen des Dienstes auf dem Teufelsberg in Berlin-Grunewald, in Schöningen am Elm, in Gablingen und in Bad Aibling. Insider wussten, dass der unheimliche Nachrichtendienst mitten in Frankfurt Posten bezogen hatte.

Es war Kalter Krieg, und die NSA belauschte gern die sowjetischen Generäle, wenn diese ihren Truppen bei Manövern Marschbefehle erteilten. Alles war damals wichtig. Es ging um die Sicherheit der USA. Und auch Nachrichten, die zu Zeiten des libyschen Staatschefs Muammar al-Gaddafi zwischen dem libyschen Volksbüro in Ostberlin und Tripolis ausgetauscht wurden, zeichneten Horchposten in der Bundesrepublik sorgfältig auf.

Aber schon bevor das Computerzeitalter begann, hatten sich die amerikanischen Nachrichtendienste nicht auf den Feind im Osten oder auf das Gerede arabischer Diktatoren beschränkt, sondern hatten bei den Freunden mitgehört. Das Bonner Kanzleramt und die Ministerien in Bonn waren früh im Visier der amerikanischen Nachrichtendienstler, und auch die wichtigsten deutschen Konzerne. Die NSA misstraute sogar den Freunden vom Bundesnachrichtendienst (BND). Der große Verbündete glaubte fest, dass der deutsche Auslandsgeheimdienst unzuverlässig und mit Ostspionen durchsetzt sei.

Deutschlands Furcht vor dem großen Freund

Das alte weltweite Lauschnetz gibt es nicht mehr. Die meisten Anlagen wurden abgeschaltet. Auch in Deutschland. In Mainz-Kastel und im hessischen Griesheim hat der Dienst noch Dependancen, aber die elektronischen Ohren zapfen heute ganz andere Kommunikationskanäle an als in alten Tagen, und es gibt immer modernere Superrechner.

Der gewaltige technische Fortschritt hat aber an den alten Strukturen so viel nicht geändert, auch nicht die Reihenfolge bei der Zusammenarbeit: Wie früher bekommen die deutschen Nachrichtendienste von der NSA in der Regel das, was die Israelis oder Briten schon vorher bekommen haben. Die Skripte von der NSA über irgendwelche angeblichen oder tatsächlichen Bedrohungen enthalten immer noch keine Wortprotokolle, sondern die Aussagen sind meist in indirekter Rede verfasst.

Auf der anderen Seite ist die Furcht vor dem guten Freund geblieben. Als in den Neunzigerjahren das Kanzleramt in Berlin gebaut wurde, war eine Hauptsorge der deutschen Sicherheitsfachleute die Neugierde des NSA. Dem unheimlichsten Geheimdienst der Welt sollte das Ausspionieren nicht zu leicht gemacht werden.

Und auch beim Neubau der Zentrale des BND in Berlin gibt es strengste Sicherheitsvorkehrungen. Nicht wegen der Russen, sondern wieder wegen der NSA. Die US-Späher haben noch nie vor Verbündeten haltgemacht. Eigentlich machen sie vor nichts halt.

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