Süddeutsche Zeitung

NSA-Enthüller Snowden im Guardian-Interview:"Ich habe an das Gute geglaubt"

Der "Guardian" hat einen weiteren Teil seines Video-Interviews mit dem NSA-Whistleblower Edward Snowden veröffentlicht. Darin beschreibt Snowden ausführlich, wie er vom pflichtbewussten Geheimdienstmitarbeiter zum enttäuschten Enthüller wurde.

Edward Snowden sitzt vor den Gardinen eines Hotelzimmers in Hongkong, trägt Brille, Hemd und Dreitagebart. Man kennt dieses Bild inzwischen, doch was der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter erzählt, ist teilweise neu.

Der Guardian hat den zweiten Teil des Interviews mit dem NSA-Enthüller veröffentlicht, das die Journalisten Glenn Greenwald und Laura Poitras am 6. Juni führten - also an dem Tag, an dem die Zeitung erstmals Dokumente zu den Überwachungsprogrammen der Geheimdienste veröffentlichte. In dem etwa sieben Minuten langen Gesprächsauszug rechtfertigt Snowden seine Enthüllungen über die Spionageprogramme der US-Sicherheitsbehörde NSA und spricht über seinen Wandel vom pflichtbewussten Geheimdienstmitarbeiter zum Staatsfeind Nummer eins.

Als er vor zehn Jahren zum Militär kam, habe er noch "an das Gute" geglaubt und sei überzeugt gewesen von "den noblen Absichten, unterdrückte Völker zu befreien", sagt Snowden. Erst im Laufe seiner Mitarbeit beim Geheimdienst sei ihm klar geworden, dass er die US-Regierung dabei unterstütze, die Öffentlichkeit in die Irre zu führen: "Ich möchte nicht in einer Welt leben, in der alles, was ich sage, alles, was ich tue, jedes Gespräch, jeder Ausdruck von Kreativität, Liebe oder Freundschaft aufgezeichnet wird. Das ist nichts, was ich bereit bin zu unterstützen. Das ist nichts, das ich bereit bin mit aufzubauen. Das ist nichts, unter dem ich zu leben bereit bin. Ich denke, jeder, der eine solche Welt ablehnt, hat die Verpflichtung, im Rahmen seiner Möglichkeiten zu handeln."

"Man wird sagen, ich hätte unseren Feinden geholfen"

In dem Mitschnitt äußert sich der 30-Jährige auch zu möglichen Vorwürfen der US-Regierung: "Man wird sagen, ich hätte unseren Feinden geholfen." Inzwischen ist das geschehen: Die USA werfen Snowden Landesverrat vor und fordern seine Auslieferung von Russland.

Edward Snowden soll sich seit zwei Wochen im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo aufhalten - in den vergangenen 14 Tagen meldete er sich nur in einem Statement auf der Enthüllungsplattform Wikileaks zu Wort. Nachdem die USA seinen Pass für ungültig erklärt haben, kann er den Flughafen ohne russisches Visum oder diplomatische Papiere nicht verlassen. Der Enthüller der Späh- und Spionageprogramme des amerikanischen Nachrichtendienstes NSA und des britischen GCHQ hat in zahlreichen Staaten Asyl beantragt, unter anderem in Venezuela.

Venezuelas Präsident Nicolás Maduro hat zwar bereits seine Bereitschaft signalisiert, ihm Asyl zu gewähren, doch muss über den Antrag noch offiziell entschieden werden. Außerdem ist unklar, wie Snowden ohne gültige Ausweispapiere weiterreisen kann.

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