Alle Daten laufen über Ramstein
Im weltweiten Drohnenkrieg des US-Militärs hat der in Deutschland gelegene Luftwaffenstützpunkt Ramstein eine zentrale Rolle gespielt. "Alle Daten, jedes einzelne bisschen an Dateninformation, das übertragen wurde zwischen dem Flugzeug und der Mannschaft, das lief über den Luftwaffenstützpunkt Ramstein", sagte der 29-jährige ehemalige Drohnen-Pilot Brandon Bryant als Zeuge im NSA-Untersuchungsausschuss in Berlin. Zugleich fügte er hinzu, eine direkte Steuerung der Kampfdrohnen aus Ramstein finde nicht statt.
Bereits im vergangenen Jahr hatte es Berichte gegeben, dass Ramstein für die umstrittenen Drohnenangriffe besonders wichtig sei und der Stützpunkt als sogenannte Relaisstation genutzt werde, um Steuerungsbefehle aus den USA an die weltweit operierende Drohnenflotte zu übermitteln. Bryant hat mehr als fünf Jahre für die Luftwaffe als "Sensor Operator" - einer Mischung aus Co-Pilot und Bildanalyst - von den USA aus Kampfdrohnen gesteuert. Die Angriffe, an denen er beteiligt war, spielten sich nach seinen Angaben im Irak, in Afghanistan, Pakistan, Somalia und in Jemen ab.
Zwölfjährige gelten als legitime Ziele
Das Nachrichtenportal Netzpolitik.org veröffentlichte einen Live-Blog mit einem Protokoll der Befragung. Darin finden sich weitere Details:
Auf die Frage, ob Menschen im Umfeld des Ziels zu Schaden gekommen seien, antwortete Bryant, das sei der Regelfall gewesen. Männliche Individuen ab zwölf Jahren hätten als "in militärfähigem Alter" und damit als legitime Ziele gegolten.
Die SZ-Redaktion hat diesen Artikel mit einem Inhalt von X Corp. angereichert
Um Ihre Daten zu schützen, wurde er nicht ohne Ihre Zustimmung geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von X Corp. angezeigt werden. Damit werden personenbezogene Daten an den Betreiber des Portals zur Nutzungsanalyse übermittelt. Mehr Informationen und eine Widerrufsmöglichkeit finden Sie untersz.de/datenschutz.
Vertreter der deutschen Regierung sollen von alldem gewusst haben. "Uns wurde gesagt, dass wir mit der Regierung zusammenarbeiten", sagte Bryant. "Wenn die deutsche Regierung eine Mobilfunknummer kennt und diese an die amerikanische Regierung weitergibt, ja, dann kann man das nutzen, um eine Person zu exekutieren."
In einem Interview mit der ARD hatte er bereits gesagt, wer Befehle in Frage gestellt habe, sei von Vorgesetzten unter Druck gesetzt worden.
Bryant fürchtet keine strafrechtliche Verfolgung. Seine Aussage "sollte eigentlich kein rechtlich problematisches Thema sein. Ich übernehme Verantwortung, auch mein Land sollte das tun."
Bryant wird morgen mit dem Whistleblower-Preis 2015 ausgezeichnet. Dieser wird von der deutschen Sektion der Juristinnen und Juristen gegen atomare, biologische und chemische Waffen und der Vereinigung deutscher Wissenschaftler verliehen.
Weitere Geheimdokumente geleakt
Ebenfalls heute veröffentlichte das Internetportal The Intercept neue Geheimdokumente eines anonymen Whistleblowers, die weiteren Einblick in die umstrittenen Drohnenangriffe der US-Regierung geben. Sie legen offen, wie die tödlichen Attacken aus der Luft ablaufen und welche Schwächen das von Menschenrechtlern kritisierte Programm hat.
Exklusiv US-Drohnenkrieg in Afrika:Tod eines Kamelhirten
Ein unschuldiger Somalier ist bei einem Drohnenangriff ums Leben gekommen. Nun will sein Sohn gegen die Verantwortlichen klagen - in Deutschland.
Neben der Befehlskette kommt auch ans Licht, unter welchen Kriterien mutmaßliche Terroristen auf die sogenannten "Todeslisten" gesetzt werden. Die USA setzen Drohnen seit Jahren für Angriffe im Anti-Terror-Kampf ein, aber auch zur Überwachung. Bekannt wurden Drohnenattacken in Afghanistan, Pakistan, Somalia, Jemen sowie Syrien und dem Irak. Zu konkreten Zahlen halten sich die Amerikaner bedeckt.