NSA-Affäre:SPD wirft Kanzleramt Täuschung vor

Mehr zum Thema

Opposition in der Koalition - Kommentar von Nico Fried

Angela Merkels Regierungszentrale soll 2013 "eindeutig die Unwahrheit gesagt" haben zu Gesprächen mit den USA über Spionage. Anlass der Kritik ist der E-Mail-Verkehr, den die SZ am Wochenende veröffentlichte.

Von Nico Fried

Die SPD erhöht in der Affäre um die Aktivitäten des amerikanischen Nachrichtendienstes NSA in Deutschland den Druck auf den Koalitionspartner CDU. Der stellvertretende Parteivorsitzende Ralf Stegner hielt am Sonntag dem damaligen Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) vor, im Wahlkampf 2013 Lügen über ein mögliches Abkommen verbreitet zu haben, in dem sich die USA auf die Einhaltung deutschen Rechts verpflichten sollte. Auch der hessische SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel, der ebenfalls Vize der Bundespartei ist, sprach von einer "Täuschung der Öffentlichkeit". Dem Tagesspiegel sagte Schäfer-Gümbel, Pofalla habe "aus wahlkampftaktischen Gründen eindeutig die Unwahrheit gesagt".

Anlass der Kritik ist der E-Mail-Verkehr zwischen Angela Merkels außenpolitischem Berater Christoph Heusgen und Karen Donfried, der früheren Chefstrategin für Europa im Beraterstab von US-Präsident Barack Obama, den die Süddeutsche Zeitung am Wochenende veröffentlichte. Daraus geht hervor, wie die US-Seite der Bundesregierung auch nach monatelangen Verhandlungen eine schriftliche Zusage verweigerte, auf rechtswidrige Spionageaktivität in Deutschland zu verzichten.

Die SPD, aber auch Vertreter der Opposition halten dem Kanzleramt nun vor, in der Öffentlichkeit falsche Erwartungen zu einem "No-Spy-Abkommen" geweckt zu haben. Kanzleramtschef Pofalla hatte am 12. August gesagt, die amerikanische Seite habe ein solches Abkommen "angeboten".

Stegner schrieb am Sonntag auf dem Kurznachrichtendienst Twitter: "Pofalla & Co verhielten sich gegenüber USA unterwürfig." Das kenne man "schon von Angela Merkel in Bushs Irak-Krieg". Stegner fügte hinzu: "No-Spy-Lügen im Wahlkampf!" Schäfer-Gümbel griff auch die Kanzlerin direkt an und warf ihr vor, 2013 in jeder Wahlkampfrede behauptet zu haben, deutsches Recht würde durch die Amerikaner nicht verletzt. "Das hat der damalige Verhandlungsstand offenbar in keiner Weise hergegeben", so der SPD-Politiker.

Die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Katrin Göring-Eckardt, forderte eine Stellungnahme Merkels. "Ich will wissen, warum die Union wider besseres Wissen die Öffentlichkeit über ein angebliches No-Spy-Abkommen mit den USA getäuscht hat", erklärte Göring-Eckardt in Berlin. "Wenn die Berichte zutreffen, dann hat die Union die Bevölkerung belogen." Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, André Hahn (Linke), sagte, auch das Kontrollgremium werde sich mit dem Thema beschäftigen. "Schon im Sommer 2013 war klar, dass das No-Spy-Abkommen nur die Beruhigungspille vor der Bundestagswahl sein sollte", sagte Hahn. Dabei habe Kanzleramtschef Pofalla sicher nicht auf eigene Faust gehandelt, sondern die Strategie mit Merkel abgesprochen. Auch der Fraktionschef der Linken, Gregor Gysi, erklärte, für die Behauptung Pofallas, die USA hätten ein solches Abkommen angeboten, habe es zu keinem Zeitpunkt eine Grundlage gegeben. "Sie war die glatte Unwahrheit", erklärte Gysi in Berlin.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: