Süddeutsche Zeitung

NSA-Affäre:Friedrich will Snowden kein Asyl in Deutschland gewähren

Weil Snowden kein politisch Verfolgter sei, lehnt Innenminister Friedrich Asyl für den NSA-Whistleblower ab - wie auch der designierte FDP-Vorsitzende Lindner und zuvor schon die Kanzlerin. Dahinter steht die Sorge um die Beziehungen zu den USA.

Der amtierende Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat sich strikt dagegen ausgesprochen, dem US-Geheimdienst-Enthüller Edward Snowden Asyl in Deutschland zu gewähren. Dafür gebe es keinen Grund: "Er ist kein politisch Verfolgter", sagte der CSU-Politiker dem Münchner Merkur. Bereits am Montag hatte sich Regierungssprecher Steffen Seibert entsprechend geäußert.

Friedrich verwies darauf, dass Snowden nur Asyl in Deutschland beantragen könne, wenn er sich schon im Lande befände. Mit dem Thema habe sich die Bundesregierung bereits im Juli befasst, und "damals sind Auswärtiges Amt und Bundesinnenministerium übereinstimmend zu der Auffassung gekommen, dass die Voraussetzungen für eine Aufnahme nicht vorliegen", sagte der Minister. "Deswegen gibt es jetzt für die Bundesregierung keinen Anlass, sich damit erneut zu befassen."

Auch der designierte FDP-Vorsitzende Christian Lindner sprach dem früheren US-Geheimdienstmitarbeiter diesen Status ab: Ihm Asyl zu gewähren, wäre "das Kündigungsschreiben für die transatlantische Partnerschaft", sagte Lindner der Berliner Zeitung.

Snowden hatte vor Monaten geheime Dokumente zu Ausspähaktionen des US-Geheimdienstes NSA an die Öffentlichkeit gebracht, er wird deshalb von den USA gesucht. Zur Zeit hat er Asyl in Russland, das aber im Sommer 2014 abläuft. Der frühere Mitarbeiter des umstrittenen US-Geheimdienstes NSA hat sich bereit grundsätzlich zur Aussage in Deutschland erklärt, dies aber an Sicherheitsgarantien geknüpft und verlangt, Deutschland müsste ihm einen Aufenthaltstitel ausstellen.

Der Wortführer der SPD-Linken, Ralf Stegner, verlangte, Deutschland müsse gemeinsam mit den europäischen Partnern eine Lösung finden, die Snowden wirksam vor Verfolgung schütze. Snowden habe Deutschland mit der Aufklärung des Skandals einen großen Dienst erwiesen, sagte er der Rheinischen Post. Dass er ausgerechnet in Moskau Hilfe suchen müsse, sei ein Treppenwitz.

Sorgen um transatlantisches Bündnis

Dagegen versuchte nach Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auch Außenminister Guido Westerwelle (FDP), die Spannungen, die der NSA-Abhörskandal im deutsch-amerikanischen Verhältnis ausgelöst hat, zu entschärfen und warnte vor den Folgen einer Aufnahme Snowdens. "Bei allem Ärger, eine gute Partnerschaft mit den USA ist unersetzbar", sagte der FDP-Politiker Spiegel online. "Auf beiden Seiten des Atlantiks müssen wir jetzt darauf achten, das Verhältnis nicht dauerhaft zu beschädigen." Auch Regierungssprecher Steffen Seibert hatte erklärt, das transatlantische Bündnis bleibe für Deutschland von überragender Bedeutung.

Die Präsidenten von Bundesnachrichtendienst und Bundesamt für Verfassungsschutz, Gerhard Schindler und Hans-Georg Maaßen, führen zurzeit Gespräche über ein Geheimdienstabkommen in Washington. Am morgigen Mittwoch wollen sie dem Bundestagsgremium zur Kontrolle der Geheimdienste über die Ergebnisse berichten. In der Sondersitzung will außerdem der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele über sein Treffen mit Snowden vergangene Woche in Moskau berichten. Dabei dürfte auch erörtert werden, unter welchen Umständen deutsche Stellen Snowden befragen könnten.

Unterdessen veröffentlichte die Washington Post neue Dokumente, die die Überwachung der internen Netze von Google und Yahoo durch die NSA belegen. Eine NSA-Präsentation enthalte Informationen und Abbildungen, die man nur aus dem Netz der Online-Riesen, aber nicht aus dem öffentlichen Internet bekommen könne, schrieb die Zeitung und veröffentlichte die entsprechenden Seiten. Die Daten würden auf britischem Gebiet abgefangen, in Zusammenarbeit mit dem dortigen NSA-Pendant GCHQ. Die NSA hatte nach dem ersten entsprechenden Bericht der Washington Post vergangene Woche lediglich erklärt, dass sie sich keinen Zugang zu den Servern der Unternehmen verschafft habe.

In den USA sprach sich eine Mehrheit der Bevölkerung gegen die Überwachung der Telefonate verbündeter Staats- und Regierungschefs aus. In einer Erhebung des Pew-Instituts erklärten 56 Prozent der Befragten, diese Art der Spionage sei "nicht akzeptabel". 36 Prozent befürworteten die Bespitzelung von Spitzenpolitikern aus verbündeten Staaten. Die Studie ergab keine bedeutenden Unterschiede zwischen Anhängern der Demokraten von Präsident Barack Obama und Unterstützern der Republikaner.

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