NS-Morde:Alte Männer, späte Urteile

Mörder kommen auch nach Jahrzehnten noch vor Gericht. So will es das Strafgesetzbuch - denn nur so können nationalsozialistische Täter weiterhin verurteilt werden. Der Fall Demjanjuk löst jetzt eine Debatte darüber aus, wie lange die deutsche Justiz noch mutmaßliche NS-Täter verfolgen soll.

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Quelle: SZ

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John Demjanjuk

Dem mutmaßlichen KZ-Wächter John Demjanjuk, 90, wird Beihilfe zum Mord in 29.000 Fällen vorgeworfen. Der gebürtige Ukrainer John Demjanjuk soll als "fremdvölkischer Hilfswilliger" der SS im Vernichtungslager Sobibor gearbeitet haben. Er steht derzeit in München vor Gericht. Ende der achtziger Jahre war Demjanjuk schon einmal verurteilt worden - in Israel zur Todesstrafe. Es stellte sich jedoch heraus, dass Demjanjuk mit einem anderen NS-Verbrecher verwechselt worden war. Nach seiner Begnadigung lebte Demjanjuk in den USA in Freiheit.

(Foto: AP)

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Julius Viel

Der ehemalige SS-Offizier Julius Viel wurde 2001 vom Landgericht Ravensburg wegen Mordes zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Er soll 1945 nahe dem tschechischen Theresienstadt aus Rassenhass und purer Mordlust sieben jüdische Häftlinge erschossen haben. Hauptbelastungszeuge in dem Prozess gegen Julius Viel war ein anderer ehemaliger SS-Mann. Viel selber bestritt die Tat. Zum Zeitpunkt des Prozesses war er 83 Jahre alt und litt bereits an Darmkrebs. Sein Gesundheitszustand verschlechterte sich nach dem Ravensburger Urteil rapide, der Haftbefehl gegen ihn wurde nach längerer kontroverser Debatte schließlich aufgehoben, Viel kam auf freien Fuß. Bevor es zur Revisionsverhandlung am Bundesgerichtshof (BGH) kam, erlag er im Jahr 2002 in einem Krankenhaus im Allgäu seinem Krebsleiden.

(Foto: AP)

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Anton Malloth

Der 1912 geborene SS-Aufseher Anton Malloth hatte 1943 im Gestapo-Gefängnis Theresienstadt einen Gefangenen zu Tode geprügelt und auf einen anderen geschossen. Jahrzehntelang lebte er unbehelligt in Südtirol. 1988 wurde er nach Deutschland ausgewiesen und zog in ein Seniorenheim in Pullach bei München. Erst im Jahr 2000 wurde er von der Staatsanwaltschaft angeklagt und 2001 vom Münchner Schwurgericht zu lebenslanger Haft verurteilt. Malloth litt an Speiseröhrenkrebs, Ärzte hatten ihn aber als verhandlungsfähig eingestuft. Jedem potentiellen Täter müsse klar sein, dass er "bis ans Ende seiner Tage" zur Rechenschaft gezogen werden könne, sagte der Vorsitzende Richter damals in der Urteilsbegründung. Im Oktober 2002 wurde Malloth für haftunfähig erklärt und entlassen. Zehn Tage später starb er.

(Foto: AP)

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Erich Priebke

Der SS-Offizier Erich Priebke, 95, wurde 1998 in Italien von einem Militärtribunal als Kriegsverbrecher zu lebenslanger Haft verurteilt. Der ehemalige SS-Hauptsturmführer war 1944 an der Erschießung von 335 Zivilisten bei Rom beteiligt gewesen. Das Massaker war die "Vergeltung" für einen Partisanenüberfall auf deutsche Soldaten in Rom. Nach dem Krieg war Priebke in Argentinien untergetaucht, von dort wurde er 1995 nach Italien überstellt. Aus "Gesundheitsgründen" wurde er schließlich im Jahr 1999 aus der Haft entlassen und in Rom unter Hausarrest gestellt. Als dieser 2007 gelockert wurde, kam es zu heftigen Protesten in Italien. Nach wenigen Tagen wurden die Lockerungen wieder zurückgenommen. Priebke sagt bis heute, er sei unschuldig; Rechtsextremisten fordern immer wieder seine Freilassung.

(Foto: dpa)

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Friedrich Engel

Der ehemalige SS-Sturmbannführer und Chef des Sicherheitsdienstes der SS in Genua, Friedrich Engel, wurde 2002 in Hamburg des 59-fachen Mordes schuldig gesprochen. Er hatte 1944 in Italien die Erschießung von 59 Zivilisten kommandiert. Die Hamburger Richter verzichteten damals auf eine lebenslängliche Strafe und verhängten mit Rücksicht auf die "unglaublich lange Zeitspanne" zwischen Tat und Prozess eine Strafe von sieben Jahren. Der Bundesgerichtshof (BGH) kassierte das Urteil 2004 aus rechtlichen Gründen. Die Karlsruher Richter sahen das Mordmerkmal der Grausamkeit nicht ausreichend bewiesen. In Hinblick auf das hohe Alter Engels verwiesen sie den Fall aber nicht zurück ans Hamburger Landgericht sondern stellten das gesamte Verfahren ein. Engel starb 2006 im Alter von 97 Jahren.

(Foto: dpa)

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Josef Schwammberger

Der ehemalige SS-Oberscharführer Josef Schwammberger kommandierte verschiedene SS-Zwangsarbeitslager im Distrikt Krakau. 1992 wurde der damals 80-Jährige vom Landgericht Stuttgart wegen Mordes an 25 und Beihilfe zum Mord an mindestens 641 jüdischen Häftlingen zu lebenslanger Haft verurteilt. "Er war wie der Teufel", erinnerte sich ein Zeuge. Schwammbergers Anwälte äußerten damals Zweifel an der praktischen Durchführbarkeit eines Prozesses wegen der langen Zeitspanne. Das Erinnerungsvermögen von Zeugen sei mit vielen Mängeln behaftet, Selbsterlebtes vermische sich mit dem, was man nur gehört oder gelesen habe. Im Jahr 2002 wurde Schwammbergers vorzeitige Entlassung vom Landgericht Mannheim abgelehnt. Er starb 2004 im Alter von 92 Jahren im Gefängniskrankenhaus.

(Foto: AP) (Texte: Alexander Krug)

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