NS-Familiengeschichte von Politikern
Sigmar Gabriel
Sie heißen Rommel oder Filbinger - mehr als den Nachnamen haben sie aber nicht mit ihren Vätern gemein. Wie prominente Politiker mit ihrer NS-Familiengeschichte umgehen und was sie daraus lernen. "SPD-Chef Sigmar Gabriel lässt kranken Vater allein", titelte der Berliner Kurier im Mai 2012, kurz vor dem Tod von Walter Gabriel. Der Artikel erwähnt, dass es sich bei ihm um einen "unbelehrbaren Rechtsradikalen" handelt - im Vordergrund steht jedoch die Geschichte eines alten Mannes, der von seinem Sohn im Stich gelassen wurde. Bereits im Alter von 18 Jahren hatte sich Sigmar Gabriel von seinem Vater abgewandt, der immer noch ein Verfechter der NS-Ideologie war. 2005 nahm der ehemalige niedersächsische Ministerpräsident wieder Kontakt auf, um mit ihm die Vergangenheit aufzuarbeiten. Doch Walter Gabriel hielt an seinem Gedankengut fest. Die Zeit hat die Geschichte nun aufgeschrieben. Sigmar Gabriel ist nicht der einzige Politiker, der sich mit der Nazi-Vergangenheit naher Verwandter auseinandersetzen muss.
NS-Familiengeschichte von Politikern
Jürgen Trittin
Das Nachrichtenmagazin Stern arbeitete im Herbst vergangenen Jahres die NS-Vergangenheit von Jürgen Trittins Vater Klaus auf: Als 17-Jähriger war dieser freiwillig der Waffen-SS beigetreten, ein Jahr später wurde er Mitglied der NSDAP. Während des Zweiten Weltkrieges geriet er in sowjetische Gefangenschaft und wurde erst 1950 freigelassen. Wie der Stern berichtet, sprach Klaus Trittin sehr offen über seine Vergangenheit. Gemeinsam mit seinen beiden Söhnen besuchte er das ehemalige KZ Bergen-Belsen - da war Jürgen Trittin 15 Jahre alt. Sein Vater sagte damals: "Guckt euch das an, das haben wir verbrochen. So etwas dürft ihr nie wieder zulassen." Klaus Trittin starb 1998.
NS-Familiengeschichte von Politikern
Matthias Filbinger
Bei der Trauerfeier für Hans Filbinger hatte Baden-Württembergs damaliger Ministerpräsident Günther Oettinger mit seiner Rede für heftige Diskussionen gesorgt: Oettinger bescheinigte Filbinger, "kein Nationalsozialist" gewesen zu sein, sondern "ein Gegner des NS-Regimes". Daraufin wurde ihm Geschichtsverfälschung vorgeworfen. Denn: Als Marinerichter hatte Filbinger zur Zeit des Nationalsozialismus Todesurteile gefällt. Das war auch der Grund warum der CDU-Politiker 1978 als Ministerpräsident Baden-Württembergs zurücktreten musste. Hans Filbingers Sohn Matthias spricht offenbar ungern über die Vergangenheit seines Vaters: "Das ist sein Thema, nur er wusste, was wirklich geschehen war", sagte er 2011 im Gespräch mit der Zeit. Matthias Filbinger war wie sein Vater lange in der CDU aktiv. 2009 wechselte er aus Unzufriedenheit die Seiten und saß für die Grünen im Bezirksbeirat in Stuttgart.
NS-Familiengeschichte von Politikern
Burkard Dregger
Ähnlich gelagert ist der Fall des Sohnes von Alfred Dregger, dem langjährigen CDU/CSU-Bundesvorsitzenden. Dregger war in der Wehrmacht. Lange wurde in der Öffentlichkeit diskutiert, ob er auch Mitglied der NSDAP war. Sein Sohn habe ihm diese Frage nie gestellt, heißt es in ein einem Artikel der Zeit. Eine von der Linken in Auftrag gegebene Studie zeigte schließlich: Alfred Dregger war tatsächlich NSDAP-Mitglied. Burkard Dregger sitzt seit 2011 für die CDU im Berliner Abgeordnetenhaus und ist netzpolitischer Sprecher der Fraktion. Als Student hat er Plakate für einen CDU-Politiker geklebt, dessen Vater ebenfalls eine zweifelhafte Vergangenheit hatte, nämlich ...
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Manfred Rommel
...Manfred Rommel. Der Vater des früheren Stuttgarter Oberbürgermeisters ist der General Erwin Rommel. Durch seinen Einsatz während des Zweiten Weltkrieges im Afrikafeldzug hatte er den Beinamen "Wüstenfuchs" erhalten. Das Bild zeigt den CDU-Politiker Rommel 2009 bei einer Ausstellung über seinen Vater. Rechts neben ihm steht David Bernard Montgomery, Sohn des britischen Feldmarschalls Bernard Law Montgomery, der Rommel in Nordafrika bezwungen hatte.
NS-Familiengeschichte von Politikern
Arnold Schwarzenegger
Auch außerhalb von Deutschland gibt es ähnlich gelagerte Fälle wie die von Sigmar Gabriel oder Matthias Filbinger. 2003 berichtete das österreichische Nachrichtenmagazin Profil, dass Arnold Schwarzeneggers Vater Mitglied der SA war. Er sei "beschämt und von der Vergangenheit des Vaters peinlich berührt", sagte sein Sohn Arnold Schwarzenegger. Im selben Jahr hatte er seine Kandidatur als Gouverneur von Kalifornien bekanntgegeben. Wie das Magazin berichtet, hatte der Filmstar bereits 1990 einen Nachforschungsauftrag an das amerikanische Dokumentationszentrum Simon-Wiesenthal-Center gestellt, um die NS-Vergangenheit von Gustav Schwarzenegger prüfen zu lassen. Nachforschungen hätten jedoch ergeben, dass sein sein 1972 verstorbener Vater lediglich NSDAP-Mitglied gewesen war.
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Königin Silvia von Schweden
Auch Königinnen können eine problematische Familiengeschichte haben - diese Erfahrung machte die in Heidelberg geborene Königin Silvia von Schweden, als sie angeblich aus der Presse Details über die Vergangenheit ihres Vaters erfuhr. Walther Sommerlath war als junger Mann nach Brasilien ausgewandert, 1934 soll er in Sao Paolo der Auslandsorganisation der NSDAP beigetreten sein. Als er nach Deutschland zurückkehrte, habe er im Zuge der "Arisierung" 1939 eine Fabrik von einem jüdischen Eigentümer übernommen und Panzerteile produziert. Königin Silvia zeigte sich angesichts dieser Informationen überrascht. Ihr Vater habe nie mit ihr darüber geredet, sagte sie einer schwedischen Zeitung. 2011 gab sie selbst eine Untersuchung in Auftrag, die die Informationen bestätigte, aber auch relativierte: Sommerlath sei ein "typisches Parteimitglied" gewesen, habe sich jedoch nie mit Aktivitäten hervorgetan, heißt es dort. Mit der Übernahme der Berliner Fabrik soll Sommerlath dem Vorbesitzer Efim Wechsler sogar geholfen haben. Im Tausch habe Wechsler demnach Anteile an einer Kaffeeplantage in Sao Paulo bekommen. Dadurch habe er nach Brasilien emigrieren und sich vor dem Nazi-Terror retten können, hieß es.