Kommunalwahlen in NRW:Laschet verzichtet auf vornehmes Schweigen

Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen 2020: Armin Laschet in einer Fernsehdiskussion

So sehen Sieger aus: Armin Laschet nach einem erfolgreichen Wahlabend für die CDU.

(Foto: dpa)

Der Erfolg bei den Kommunalwahlen stärkt dem NRW-Ministerpräsidenten den Rücken für seine bundespolitischen Ambitionen. Den Konkurrenten um den CDU-Vorsitz bleibt leises Mosern und Stänkern.

Analyse von Joachim Käppner

Man tut Armin Laschet wohl eher nicht unrecht mit der Vermutung, dass er schon am Sonntagabend der Gegenwart sanft entschwebte in Richtung noch weit höherer Ziele. "Dass der Kurs der Mitte richtig ist, das versteht jetzt möglicherweise auch jeder in der CDU", sagte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident, und vermutlich hatte er dabei schon den CDU-Bundesparteitag im Dezember im Auge. Dort strebt Laschet das Amt des CDU-Vorsitzenden an und konkurriert dabei mit dem Konservativen Friedrich Merz und dem Außenpolitiker Norbert Röttgen. Offenkundig wollte Laschet sagen: Schaut her, Jongens, hier unten an der Basis gewinnt man eine Wahl, und vielleicht sogar das Bundeskanzleramt.

Der Schattenfavorit Markus Söder von der CSU soll hier ausnahmsweise unerörtert bleiben - am Sonntag ging es um das Herz des alten Westens. Zumindest hat der CDU-Sieg bei den Kommunalwahlen in NRW Armin Laschet den Rücken gestärkt, auch für seine bundespolitischen Ambitionen. Die Christdemokraten wurden trotz geringer Verluste mit 34,3 Prozent wie bei den Kommunalwahlen 2014 stärkste Partei. Die Grünen gewannen sehr deutlich hinzu, vor allem in den Großstädten, sie liegen laut vorläufigem Landesergebnis bei 20 Prozent, eine Steigerung gegenüber 2014 um fast ein Drittel. Lokale Bündnisse mit der CDU wie auch die mathematische Logik ließen die politischen Auguren raunen, ein schwarz-grünes Bündnis werde nun auch im Bund wahrscheinlicher; und man müsste sich wirklich viel Mühe geben, dem zu widersprechen.

Der große Verlierer des Wahlabends sind die Sozialdemokraten. Zwar gab sich ihre Spitze olympisch anmutende Mühe, das Debakel herunterzureden. Der SPD-Bundesvorsitzende Norbert Walter-Borjans sprach sogar von einer "Trendwende" im Vergleich zum noch schlechteren (weil biblisch katastrophalen) Ergebnis der Landespartei bei der Europawahl 2019.

Der Strukturwandel allein erklärt die SPD-Schlappe nicht

Es wäre der Recherche wert, ob örtliche SPD-Ergebnisse nach der allgemein bedauerten Niederlage der Roten Ruhrarmee gegen die rechten Freikorps der Reichsregierung 1920 nicht noch übler waren. Aber die Partei hat noch nie bei Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen so schlecht abgeschnitten: 24,3 Prozent - 2014 waren es noch 31,4 Prozent gewesen. Und das ist nicht irgendein Bundesland, sondern das Land an Rhein und Ruhr, das jahrzehntelang, als der Pott noch kochte und auch noch lange danach, die Hochburg der Sozialdemokratie war. Der Strukturwandel allein erklärt die böse Schlappe vom Sonntag aber nicht.

Offenbar verlieren erhebliche Teile des Parteiapparats immer mehr den Bezug zur Basis der Facharbeiter und Gewerkschaftler - zumindest befürchten das traditionsbewusste Genossen. Als Beispiel für bad practice gilt dort die als überaus pauschal empfundene Rassismus-Schelte der Twitter-verliebten SPD-Chefin Saskia Eskens gegenüber der Polizei - deren Beamte überwiegend in der SPD-nahen Gewerkschaft der Polizei organisiert sind und in Fragen der Berufsehre als wenig nachsichtig gelten.

Es geht freilich immer noch schlimmer. Bemerkenswert schlecht schnitten am Sonntag FDP und AfD ab, beide um die fünf Prozent. Die rechtspopulistische AfD legte damit sogar ein wenig zu, allerdings konnte sie insgesamt kaum von ihrer obsessiven Opposition gegen die Corona-Politik der Bundesregierung profitieren, was man im Kanzleramt - jenem Ort, den neuerdings so viele für Laschets Sehnsuchtsort halten - aufmerksam registriert haben dürfte. Auch die Linke blieb weit unter den eigenen, ohnehin bescheidenen Erwartungen und dem Ergebnis von 2015.

Derlei Mühen der Ebene plagten Laschet, der seine Stimme im heimischen Wahlkreis noch im hellen Sommeranzug abgegeben hatte, am Abend jedoch in staatstragendem Dunkelblau vor die Presse trat, erkennbar wenig, als die Ergebnisse über die Ticker liefen. Die Delegierten des CDU-Parteitages würden im Dezember schon darauf schauen, wie geschlossen der größte CDU-Landesverband sei und dass er Wahlen gewinnen könne, sagte er - und genoss sichtlich seinen Erfolg.

Die Attacke der Spaßbremsen dürften Laschet egal sein

Den Herren Konkurrenten um höchste Ämter blieb neben pflichtschuldigem Beifall nur ganz leises Mosern und Stänkern. Friedrich Merz, sicherlich kein Freund des beschworenen Mitte-Kurses, warnte am Abend: Trotz des Wahlerfolges dürfe die CDU "ihre Schwächen nicht übersehen". Auch Norbert Röttgen vermeldete auf Twitter Haare in der Suppe des Sieges: "Wir haben Defizite bei jungen Wählern, in den Groß- und Unistädten." Es spricht vieles dafür, dass ihm die Wahlanalytiker ein gutes Stück weit recht geben werden. Aber zurück zu Armin Laschet und auf schön Rheinisch gesagt: "Ejal jewäss."

Übersetzt: An diesem warmen Sommerabend dürften Armin Laschet derlei Attacken der üblichen Spaßbremsen so was von egal gewesen sein.

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