Süddeutsche Zeitung

NRW: Röttgen gegen Laschet:Das Duell an Rhein und Ruhr

Beide haben versucht, den anderen an einer Kandidatur zu hindern - doch jetzt treten Ex-Landesminister Laschet und Bundesumweltminister Röttgen gegeneinander um den Landesvorsitz der NRW-CDU an. Zum Schaden der Partei?

Thorsten Denkler

Hopp oder topp, alles oder nichts: Im Machtkampf um den Landesvorsitz der nordrhein-westfälischen CDU geht es um die klassische High-Noon-Situation. Wer siegt? Ex-Landesminister Armin Laschet oder Bundesumweltminister Norbert Röttgen?

Nach Wochen der Spekulationen wird sich nach Laschet jetzt auch Merkels Liebling Röttgen erklären. An diesem Mittwoch will er seine Kandidatur bekanntgeben. Damit ist das Duell des so gleichen Paares perfekt.

Auf den ersten Blick spricht derzeit alles für Armin Laschet. Er hat den neuen Fraktionschef der CDU im Landtag, Karl-Josef Laumann, und Generalsekretär Andreas Krautscheid als Unterstützer hinter sich.

Nur ein Problem

Bei Laumann spielt ein bisschen Anerkennung für den Unterlegenen mit, auch Laschet hatte sich - vergeblich - für den Fraktionschefposten beworben. Krautscheid wiederum darf als Generalsekretär bleiben, wenn der Landeschef Laschet heißt.

Darüber hinaus stehen fast alle wichtigen Funktionäre der Landes-CDU hinter dem ehemaligen Integrationsminister von Nordrhein-Westfalen - bis hin zum mächtigen Chef der NRW-Landesgruppe im Bundestag, Peter Hintze.

Der Mann hat nur ein Problem: Einige werfen ihm vor, zu früh seinen Hut in den Ring geworfen zu haben. Viele hätten es lieber gesehen, Laschet und Röttgen hätten sich beide erst am 30. August erklärt, dem vom Landesvorstand beschlossenen Stichtag.

Schon aus Gründen der Fairness. Aber was bedeutet Fairness, wenn es um die Macht geht? Da zählt das alte Talkshow-Prinzip: Hart, aber fair.

Trickreicher Vorschlag

Laschet sah sich gezwungen zu handeln. Ende vergangener Woche gab er seine Kandidatur bekannt.

Alle wussten bis dahin längst, wie sehr es den Minister Röttgen auf den Posten des Landeschefs drängt. Im Hintergrund hatte er seine Chancen ausgelotet und sich mit dem taktisch trickreichen Vorschlag durchgesetzt, es mit einer Mitgliederbefragung zu versuchen, falls es am Stichtag zwei Kandidaten geben sollte. Der Idee, nach der krachenden Wahlniederlage vom 9. Mai die Basis stärker einzubinden, konnte sich keiner widersetzen - auch wenn das Röttgen in die Hände spielt.

Vor allem aber wollte der Merkel-Minister mit dem Kunstgriff den Widersacher Laschet von einer Kandidatur abhalten. Er hat sich verrechnet.

Auf der nächsten Seite: Laschet hat, was Röttgen nicht hat: Zeit. Der Stimmenfang der Kandidaten könnte zu einer ruinösen Situation führen.

Laschet hingegen wollte mit der frühen Bekanntgabe seiner Kandidatur dem Minister im Bundeskabinett signalisieren: "Sieh' her, da bin ich. Und schau mal, wer alles hinter mir steht!" Er hatte wohl gehofft, Röttgen würde vor lauter Ehrfurcht seinerseits auf eine Kandidatur verzichten. Da wiederum hat sich Laschet verrechnet. "Das nehme ich so hin", lautet die enttäuschte Reaktion des ehemaligen Integrationsministers Laschet.

Röttgen hat kaum eine andere Wahl. Er braucht eine eigene Machtbasis, am besten in seinem Heimatbundesland. Noch hängt er am Tropf der Kanzlerin. Auch Merkels Stern wird sinken, vielleicht früher als später. Danach liefe Röttgen Gefahr, mit seinen heute 45 Jahren als ewiges Talent in der CDU zu verkümmern.

Als Landeschef aber hätte Röttgen Zugriff auf die Spitzenkandidatur um das Amt des Ministerpräsidenten. Manche glauben, er wolle noch höher hinaus, nach ganz oben als Bundeskanzler. Ohne Ministerpräsident gewesen zu sein, dürfte das in der CDU aber nach wie vor schwer sein. Merkel ist da eine seltene Ausnahme.

Laschet hat, was Röttgen nicht hat: Zeit

Weil er die Funktionäre gegen sich hat, bleibt Röttgen nur, auf seine bundespolitische Prominenz zu setzen. Röttgen ist im Land weitaus bekannter als der zwar umtriebige, aber medial deutlich weniger gepushte Ex-Integrationsminister Laschet. Bei 160.000 Mitgliedern, die zur Wahl aufgerufen wären, ist das keine Nebensächlichkeit.

Röttgen spielt auf Risiko. Denn wie die Stimmung an der Basis ist, lässt sich nicht vorhersagen. Zudem dürfte für viele Mitglieder die Wahl zwischen Laschet und Röttgen gar keine sein. Beide stehen für eine moderne, großstädtische CDU, die auch Bündnisse mit den Grünen nicht scheuen würde.

Wem das nutzt, ist noch nicht ausgemacht. Laschet hat gegenüber Röttgen einen strategischen Vorteil: Er hat Zeit. Viel Zeit. Er hat bereits angekündigt, durch die Kreis- und Ortsverbände tingeln zu wollen. Einfach mal zuhören, was die Leute so sagen. Das schafft Nähe und zugleich die Bekanntheit, die ihm noch fehlt. Ein Kandidat zum Anfassen.

Beide wollen - um jeden Preis

Röttgen dagegen ist als Bundesumweltminister voll eingespannt. Er muss gerade versuchen, im vertrackten Atomstreit seine moderate Linie durchzusetzen. Alles andere wäre eine Niederlage.

Seinen Gegnern liefert er damit ein wichtiges Argument: Der CDU-Landesvorsitz sei zu wichtig, als dass er so nebenbei von Berlin aus von einem womöglich geschwächten Bundesminister erledigt werden könnte.

Röttgens Leute kehren das Argument um und verweisen auf den hohen Stellenwert, den ein Landeschef im Bund hätte, wenn er mit am Kabinettstisch säße. Sicher aber ist: Verliert er das Rennen um den Landesvorsitz, wäre er in seiner Karriereplanung um einige Jahre zurückgeworfen.

Wie der Machtkampf ausgehen wird, ist völlig offen. Die Hakeleien, die es schon um die Frage der Kandidatur gegeben hat, lassen aber befürchten, dass es eine Art ruinöse Branchenkonkurrenz geben könnte.

Beide wollen den Job offenbar um jeden Preis. Ob auch um den Preis einer Selbstzerfleischung der CDU in Nordrhein-Westfalen, das wird sich zeigen.

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