NRW:Der aggressive Abschied des Jürgen Rüttgers

Sechs Wochen nach seinem Wahldebakel gibt Jürgen Rüttgers auf. Die große Bühne seines Abgangs nutzt der scheidende NRW-Ministerpräsident für eine Abrechnung mit der Linken und der SPD.

Bernd Dörries

Jürgen Rüttgers kam noch einmal so richtig in Fahrt am Samstag, so sehr, dass man befürchten musste, dass er vergisst, den eigenen Rückzug von der Macht mitzuteilen. Oder es sich noch einmal anders überlegt.

Rüttgers tritt nicht bei Ministerpräsidenten-Wahl an

Offensive zum Abschied: Jürgen Rüttgers wettert gegen Linke und die Wählertäuschung der SPD - um dann seinen Rückzug zu erklären.

(Foto: dpa)

Er wetterte gegen die Linken und Hannelore Kraft, die mit ihr paktiere, es aber nicht zugeben wolle. Es drohe die schlimmste Wählertäuschung, die es in der Geschichte Nordrhein-Westfalens je gegeben hat, sagte Rüttgers.

Die SPD paktiere mit einer Partei, die sie vor kurzem noch nicht für demokratiefähig gehalten habe. Und außerdem sei das, was Kraft da plane, die rot-grüne Minderheitsregierung ohnehin bald am Ende.

Er redete nicht wie der geschäftsführende Ministerpräsident der vergangenen Wochen, der fast täglich die vielen Gemeinsamkeiten mit der SPD herauszuarbeiten versuchte, für eine große Koalition unter seiner Führung.

Daraus wird nun nichts, und so redet Rüttgers am Samstagnachmittag wie der künftige Oppositionsführer im Düsseldorfer Landtag. Er dreht noch mal ein bisschen auf - verkündet dann aber seinen Abschied von der Macht.

Er werde nicht für das Amt des Regierungschefs kandidieren, wenn am 13. oder 14. Juli im Landtag gewählt wird. Und auch den Fraktionsvorsitz im Landtag will er nicht übernehmen.

"Ich mache mich nicht vom Acker", sagt Rüttgers. Zumindest nicht so plötzlich. Landesvorsitzender wird er bleiben. Wie lange noch ist aber unklar, der nur noch geschäftsführende Ministerpräsident wollte sich nicht dazu äußern.

Die Partei erwartet von ihm als letzten Dienst, den geordneten Übergang zu moderieren. Für hiesige Verhältnisse unerwartet deutlich hatten sich CDU Politiker vor den Sitzungen der Führungsgremien am Wochenende für einen Personalwechsel ausgesprochen.

Bei manchen war die Verärgerung groß über Rüttgers, der nach seiner Wahlniederlage am 9. Mai bis zuletzt geglaubt hatte, sich als Ministerpräsident in eine große Koalition retten zu können. Er wollte nicht wahrhaben, dass die SPD niemals unter seiner Führung in ein Bündnis einwilligen würde.

Integrationsminister Armin Laschet hatte Freitag gar öffentlich erklärt, es müsse nun auch über Köpfe diskutiert werden. Laschet ist einer der Kandidaten, die nun für den Posten des Fraktions- und auf längere Sicht auch des Parteichefs gehandelt werden. Laschet ist mittlerweile auch bundesweit recht bekannt. Gut vernetzt in der Fraktion und im Land ist Sozialminister Karl-Josef Laumann. Generalsekretär Andreas Krautscheid gilt als Kronprinz Rüttgers, manchem in der Partei steht er aber zu sehr für das alte System.

Direkt vorgeschlagen hat Rüttgers seinen Generalsekretär nicht, Fraktionen sind immer sehr sensibel, wenn sie jemanden vorgesetzt bekommen. "Die Fraktion lässt sich niemanden vorschlagen", sagte Übergangschef Christian Weisbrich. Gewählt werden soll am 9. Juli. Genug Zeit für Streit in der CDU.

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