Süddeutsche Zeitung

Impfstrategie:Boostern nach Düsseldorfer Art

In NRW kann man sich künftig vier Wochen nach der zweiten Spritze die Auffrischimpfung geben lassen. Der Erlass kommt völlig überraschend - so überraschend, dass sich das Gesundheitsministerium zur Klarstellung genötigt sieht: Vier Wochen Abstand seien nur die "Untergrenze", keinesfalls eine generelle Empfehlung.

Von Jana Stegemann, Düsseldorf

Der Siegener Zeitung war das Schreiben des nordrhein-westfälischen Gesundheitsministeriums zuerst aufgefallen, drei Stunden später sorgte es am Montagabend für bundesweite Eilmeldungen und Staunen: Das Dokument mit dem Titel "12. Erlass zur Organisation des Impfgeschehens gegen COVID-19" ist eine kleine Sensation - erlaubt es künftig Auffrischungsimpfungen gegen das Coronavirus schon nach vier Wochen.

Wer sich bislang in NRW und dem Rest der Republik gegen Corona boostern lassen wollte, musste zumeist mindestens fünf Monate nach der Zweitimpfung warten. Das sorgte vielerorts für Frustrationen, zum Beispiel, wenn Impfwillige bei explodierenden Inzidenzen an Impfstellen weggeschickt wurden.

Nun hat das von Karl-Josef Laumann (CDU) geführte Gesundheitsministerium den Weg frei gemacht für den Booster-Turbo. Aber: "Der Mindestabstand von vier Wochen darf nicht unterschritten werden", teilte eine Ministeriumssprecherin am Abend auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung mit und schrieb: "Es handelt sich dabei um eine Untergrenze, die ausdrücklich keine Empfehlung darstellt."

Auch Fachleute raten dazu, den Booster vorzuziehen. Das soll die Omikron-Variante bremsen

Das verkürzte Impfintervall, so heißt es im Erlass, orientiere sich an der aktuellen Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko), wonach eine Auffrischungsimpfung bei immungeschwächten Personen bereits vier Wochen nach der zweiten Dosis verabreicht werden könne. Weiter heißt es im NRW-Erlass: Menschen, bei denen die Grundimmunisierung weniger als fünf Monate zurückliege, dürfen künftig nicht mehr an Impfstellen der Kommunen und Kreise abgewiesen werden.

Der neue Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte jüngst, dass er eine dritte Impfdosis für unverzichtbar halte, um vor der neuen Omikron-Variante geschützt zu sein. Auch andere Fachleute hatten zuletzt angesichts der erwarteten schnellen Ausbreitung der Variante auf eine Verkürzung des Abstands zwischen zweiter und dritter Impfung gedrängt. Dass dies wirken könne, "das zeigen die Erfahrungen aus Israel sehr eindrücklich", hatte etwa der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie, Bernd Salzberger, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe gesagt. In der Rheinischen Post pflichtete der Grünen-Gesundheitspolitiker und Mediziner Janosch Dahmen ihm bei und warb ebenfalls für vorgezogene Booster-Impfungen. Doch die Stiko empfiehlt im Regelfall bisher einen Abstand von sechs Monaten.

Der Kreis Olpe in NRW hat am Montag schon reagiert - er weist bereits auf seiner Homepage auf die neue Möglichkeit zur Booster-Impfung nach vier Wochen hin. Bis Montag hatten in NRW 3,3 Millionen von etwa 18 Millionen Menschen ihre Drittimpfung erhalten. Diese Zahl dürfte nun erheblich steigen.

Mit Material der dpa

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