Süddeutsche Zeitung

NRW-CDU: Videobeobachtung der SPD:Rüttgers ohne Maske

Die Düsseldorfer Staatskanzlei wurde Kampfinstrument der CDU. Nun muss Ministerpräsident Rüttgers seinen Intimus opfern - oder das Versöhner-Image ist vollends zerstört.

Dirk Graalmann

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers ist ein Freund der Arbeitsteilung. Als CDU-Landesvorsitzender überlässt er das Rabaukentum seinem Generalsekretär, und er mimt den gütigen Landesvater.

Sein ganzer Habitus erinnert an Johannes Rau und dessen politisches Verständnis vom "Versöhnen statt spalten". Diese Maskerade war für Rüttgers lange Zeit sehr bequem und auch erfolgreich.

Als sein Generalsekretär Hendrik Wüst jüngst die Video-Beobachtung der SPD-Oppositionsführerin Hannelore Kraft als "normale und seit Jahren gängige Praxis" verteidigte, beruhigte Rüttgers die Gemüter nur zwei Tage später mit Verweis auf den großen sozialdemokratischen Vorgänger Rau: Der "hätte alle Parteien aufgefordert, damit sofort aufzuhören", so Rüttgers.

Bei Rau wäre "eine Abteilung Feindbeobachtung" undenkbar gewesen. In der Staatskanzlei aber, der Machtzentrale des Ministerpräsidenten, war es offenkundig nicht so weit her mit der vornehmen Distanz.

Da wurde aus einer zur Neutralität verpflichteten Staatskanzlei ein Kampfinstrument der regierenden CDU, da wurden die Video-Täter der Partei angefeuert und gemaßregelt.

Die Affäre um die Einflussnahme des Abteilungsleiters Boris Berger erreicht nun auch den Regierungschef, denn Berger zählt zu den wenigen Vertrauten des misstrauischen Rüttgers.

Was der Ministerpräsident persönlich gewusst hat, wird sich kaum klären lassen, aber die politische Verantwortung für das Geschehen liegt bei ihm. Wenn er sein durch die Rumänen-Schelte ohnehin ramponiertes Versöhner-Image nicht vollends zerstören will, muss er seinen Intimus opfern.

Die Zeit der Maskerade ist vorbei.

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SZ vom 24. September 2009/odg
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