NRW: Aus für Rot-Rot-Grün:"Weder koalitions- noch regierungsfähig"

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Ausgerechnet im Saal "Vision" fanden die Sondierungsgespräche zwischen SPD, Grünen und Linken statt. Doch Rot-Rot-Grün in NRW bleibt Utopie.

B. Dörries, Düsseldorf

Ein rot-rot-grünes Bündnis wird es in Nordrhein-Westfalen nicht geben. "Wir sind zu der Einschätzung gelangt, dass die Linkspartei weder koalitions- noch regierungsfähig ist", sagte die SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft am Donnerstagabend nach Sondierungsgesprächen ihrer Partei mit Grünen und Linken in Düsseldorf. Die Gespräche seien nicht an unterschiedlichen Positionen zu landespolitischen Fragen gescheitert, sondern an den "sehr relativierenden Aussagen" der Linkspartei zur DDR. SPD und Grüne hätten zu keinem Zeitpunkt den Eindruck gewonnen, es bei den Linken mit einem zuverlässigen Koalitionspartner zu tun zu haben, berichteten Teilnehmer.

Grünen-Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann (li.) und ihre Kollegin Hannelore Kraft (re.) von der SPD haben den Linken eine Absage erteilt. Bei Katharina Schwabedissen und Wolfgang Zimmermann (hinten im Bild) gibt es lange Gesichter. (Foto: Foto: ddp)

Ein Beteiligter schilderte die Atmosphäre als "katastrophal". SPD-Chefin Kraft soll während der Zusammenkunft immer wieder ungehalten mit den Augen gerollt haben. Da die FDP weiterhin ein Regierungsbündnis mit der SPD und den Grünen ablehnt, soll in Düsseldorf in der kommenden Woche eine große Koalition sondiert werden. Kraft sagte, der CDU seien Dienstag und Mittwoch als Termine vorgeschlagen worden.

SPD und Grüne waren gegen Mittag jeweils zu acht in ein Hotel in der Düsseldorfer Innenstadt gekommen, die Linken hatten sich zwölf Teilnehmer ausbedungen. Die Delegationen trafen sich in den Räumen "Passion" und "Vision", was von der Hotelleitung womöglich lustig gemeint war, aber nicht der Realität entsprach. Rational und nüchtern habe man verhandelt, sagte die grüne Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann. "Das Ergebnis war aber ernüchternd." Die Linkspartei sei zu keinerlei "vertrauensbildenden Maßnahmen" bereit gewesen. Sie habe sich nicht einmal in den Sondierungen zwischen der Rolle als Oppositionspartei und potentiellem Regierungspartner entscheiden können, sagte Löhrmann.

Die Grünen wollten die Linken bei dem Treffen einer Art Demokratietest unterziehen, wie sie es bei Koalitionsverhandlungen in Thüringen im vergangenen Jahr bereits getan hatten. Damals akzeptierten die Linken eine Erklärung, in der sie bestätigten, dass die DDR ein Unrechtsstaat gewesen sei, den man nicht wiederhaben wolle.

"Wer die Vergangenheit verharmlost, wird nur eine Demokratie der Formen, nicht aber der Herzen erhalten", heißt es darin. Die Linken in NRW wollten das Papier aber an "Westverhältnisse" angleichen. Bereits zu Beginn der Gespräche hätten sie eine Diskussion über Berufsverbote beginnen wollen, sagten Teilnehmer. Die Grünen hatten eigentlich damit gerechnet, bis tief in die Nacht zu verhandeln, so aber war die Runde bereits am frühen Abend nach fünf Stunden am Ende.

Die Linken-Landeschefin Katharina Schwabedissen bezeichnete die Absage von SPD und Grünen als "für uns nicht nachvollziehbar". Die Linken seien durchaus bereit gewesen, die DDR als "Diktatur" zu bezeichnen. Der von der Bundespartei entsandte Ulrich Maurer hat nach Angaben von Teilnehmern immer wieder versucht, die Diskussion zu versachlichen, sei aber letztlich an der "Dickköpfigkeit" der NRW-Gruppe gescheitert. Bei den Gesprächen wurde mehr über die DDR geredet, als über die Probleme des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Schulden und die Bildungspolitik spielten kaum eine Rolle.

Kommende Woche wird nun über eine große Koalition verhandelt - und über die Position von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU), der zwar die Wahl verloren hat, aber gut 6000 Stimmen mehr bekam als Kraft. Ob sie bereit sei, unter ihm in ein Kabinett einzutreten, wurde Kraft gefragt. Es gehe nicht um "Pöstchen, sondern um die politischen Zielsetzungen für NRW", sagte sie.

Über die Inhalte haben aber alle Parteien schon länger nicht mehr gesprochen. Auch den amtierenden Ministerpräsidenten hatte man in den vergangenen Tagen kaum gesehen. Er sorge sich um Euro und Finanzkrise, beratschlage sich mit Wissenschaftlern, hieß es aus seinem Umfeld. Um die ganz großen Dinge also, nicht um kleinliche Koalitionsgespräche. Am Donnerstagabend tauchte Rüttgers wieder auf und begrüßte "die Chance, in NRW zu einer stabilen Regierung zu kommen".

© SZ vom 21.5.2010/dmo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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