NRA-Präsident David Keene:Waffen-Wolf im Schafspelz

NRA-Präsident Keene auf einer Pressekonferenz wenige Tage nach dem Amoklauf von Newtown.

NRA-Präsident Keene auf einer Pressekonferenz wenige Tage nach dem Amoklauf von Newtown.

(Foto: dpa)

Stetes Lächeln, silberner Haarschopf, flotte Brille: Manche halten NRA-Präsident Keene für die Marionette hochbezahlter Funktionäre. Doch obwohl er den stramm rechten Charakter der NRA in den vergangenen Jahrzehnten nicht erschaffen hat, so kämpft er doch mit allen Propagandamitteln für die Waffenlobby.

Von Christian Wernicke

David Keene verkörpert das freundliche Antlitz der US-Waffenlobby. Der silberne Haarschopf, das stete Lächeln und die flotte Designerbrille lassen den Präsidenten der National Rifle Association (NRA) sympathisch dreinschauen. Hinzu kommt die sonore Stimme, mit der es der inzwischen 67-jährige Großvater versteht, in anheimelndem Ton für seine Sache zu werben: das Recht aller Amerikaner auf den Besitz von Waffen - und seien es paramilitärische Sturmgewehre. Keene wirkt gemütlich und klingt selbst dann nett, wenn er vor Anhängern über den Präsidenten Sätze wie diesen ausstößt: "Täuscht euch nicht! Obama wird, wenn er kann, euch eure Waffen wegnehmen!"

Es gibt Menschen, die David Keene unterschätzen. Ahnungslose halten den NRA-Chef, der seinen 4,2 Millionen Mitgliedern ehrenamtlich und ohne Salär dient, für einen Grüßaugust, eine Marionette in der Hand einiger hochbezahlter Funktionäre, die die Geschicke der mächtigen Organisation lenkten. Bis Mitte der Siebzigerjahre hatte die NRA als ein geradezu braver, fast überparteilicher Schützenverein gegolten. Dann übernahm eine Gruppe rechter Rebellen, angeführt von Keenes Vize Wayne LaPierre, die Organisation und krempelte sie zu einer schlagkräftigen Kampftruppe an der Seite der Republikaner um. Spätestens seit die Waffenlobby anno 2000 mithalf, George W. Bush ins Weiße Haus zu hieven, wird der NRA geradezu mystischer Einfluss nachgesagt.

Keene hat diese neue, stramm rechte NRA nicht erschaffen. Aber mit der Kür dieses gebildeten Mannes, der daheim 4000 Bücher in den Regalen stehen hat, zu ihrem Präsidenten markierte die NRA im Mai 2011 die Krönung ihrer Entwicklung: Schließlich hat sich David Keene über beinahe fünf Jahrzehnte den Namen eines allzeit bereiten, gut vernetzten und zutiefst konservativen Aktivisten erworben.

Keenes Werdegang begann im linken Lager. Anfang der Sechzigerjahre ließ sich der Sohn zweier Gewerkschafter aus dem Mittleren Westen noch von John F. Kennedy beeindrucken. Dann aber las er konservative Klassiker, später kämpfte er für republikanische Präsidentschaftskandidaten. Schon zu Zeiten von Richard Nixon genoss Keene Zugang zum Weißen Haus, ein Vierteljahrhundert lang führte er die American Conservative Union an. Keene verwandelte den Altherren-Club in eine Massenorganisation, die republikanische Prominenz verneigt sich vor ihm. Er stürzte 2011, weil die rechte Basis es ihm verübelte, dass er zu Konferenzen auch Schwulenorganisationen geladen hatte.

Keene gibt den Waffen-Wolf im Schafspelz, lässt derweil die NRA mit allen Propagandamitteln kämpfen. Nur auf einen wunden Punkt lässt er sich nicht gern ansprechen. Sein Sohn David musste ins Gefängnis, weil er 2002 mit einer Pistole auf einen anderen Autofahrer geballert hatte. Die Kugel verfehlte den Mann nur knapp. "Wer das Gesetz bricht, zahlt den Preis" kommentiert Keene.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: