NPD-Verbot:Braunes Wurzelgeflecht

Der Wunsch nach einem Verbot der NPD ist zwar gut zu verstehen - es würde aber nicht viel nützen. Rechtsextreme Strukturen haben sich in Deutschland längst etabliert.

Annette Ramelsberger

Man hört den Satz immer wieder, diese Generalklausel, mit der Gedankenlose aus Ost und West die eigene Untätigkeit gegen Rechtsradikale rechtfertigen: "Die NPD ist doch nicht verboten."

NPD-Verbot: DIe Bundeszentrale der NPD in Berlin

DIe Bundeszentrale der NPD in Berlin

(Foto: Foto: AP)

Das sagt der Wirt, der nicht einschreitet, wenn seine Gäste den Arm zum Hitlergruß heben. So begründet der Landrat, dass er die NPD zur Kommunaldebatte mit aufs Podium lädt. "Die NPD ist doch nicht verboten" - diese Entschuldigung muss für alles Mögliche herhalten: für die eigene Feigheit, den Rechtsradikalen zu widersprechen, für die klammheimliche Unterstützung dieser Leute, oft auch für die Gleichgültigkeit gegenüber deren Gedankengut.

Dann verbietet sie doch! Das ist eine geradezu logische Reaktion auf diesen immer wiederkehrenden Satz. Vor allem, wenn man nachrechnet, dass die NPD und ihre Fraktionen in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern Jahr für Jahr Millionen Euro an Steuergeldern aus der Staatskasse bekommen. Weil die Partei eben nicht verboten ist. Deshalb ist der Wunsch nach einem Verbotsverfahren, den die SPD jetzt wieder vehement vorträgt, gut zu verstehen.

Das Verbot würde nur nicht sehr viel nützen. So sehr es einem widerstrebt, dass geifernde Rechtsradikale vom Schlage eines Holger Apfel in Sachsen oder eines Udo Pastörs in Schwerin von Steuergeldern des Staates leben, den sie bekämpfen - mit einem Verbot der NPD ist dem Problem Rechtsradikalismus nicht wirklich beizukommen.

Es würde zwar Leute wie Pastörs und Apfel und mit ihnen ein paar Dutzend Parteifunktionäre arbeitslos machen, das Problem selbst aber bliebe. Die braunen Kameraden sind längst in viel tiefere Schichten der Gesellschaft eingedrungen.

Sie sitzen an Stammtischen, in Vereinen, in Bürgerinitiativen. Sie tragen keine Springerstiefel mehr, sondern Anzüge. Sie sind nun Unternehmer, Lehrer, Rechtsanwälte. Viele sind nicht einmal in der NPD, sie gehören zu deren, wie das heißt, vorpolitischem Feld.

In Vorpommern drängen bekennende Neonazis in die Elternbeiräte, rechtsradikale Handwerksmeister stellen gleichgesinnte Lehrlinge ein, und in Sachsen geben angesehene Ärzte wie nebenbei bekannt, dass sie natürlich die NPD wählen. Was soll gegen ein solches Wurzelgeflecht ein Parteiverbot helfen?

Nichts, es würde die Gesellschaft nur in falscher Sicherheit wiegen. Ein NPD-Verbot könnte den Schluss nahelegen, dass der alltägliche Kampf gegen die Gegner der Demokratie gewonnen ist. Er wäre es nicht - und die Rechtsradikalen würden ihr schleichendes Gift auch weiterhin verströmen. Ohne das Etikett "NPD" wären sie aber weniger erkennbar als bisher.

Und die Bürgermeister, Schulleiter und Nachbarn, die schon heute eine Art Appeasement-Politik gegenüber der NPD betreiben, würden danach vermutlich auch noch das letzte bisschen Aktivität gegen die Rechtsradikalen aufgeben. "Die sind doch schon verboten" - so würde dann mit Sicherheit ihre Entschuldigung für das eigene Nichtstun lauten.

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