Anderthalb Jahrzehnte hat es gedauert, die Wie-kriegen-wir-die-NPD-weg-Diskussion flammte quasi im Jahresrhythmus auf - aber mit dem 17. Januar sollte Schluss sein. Das Bundesverfassungsgericht lehnte zwar ein Verbot der NPD ab, warf aber listig den Entzug der Parteienfinanzierung in die Debatte. Schleichender Tod durch pekuniäre Austrocknung, die Politik hatte das schnell begriffen. Hauptsache, man muss nicht mehr ständig über eine Winzpartei diskutieren.
Und nun? Vorhang zu, viele Fragen offen.Denn während mit einem echten Verbot die Partei aufgelöst und ihr Vermögen eingezogen worden wäre, ist sie nun - dank der neuen Karlsruher Light-Version des Parteiverbots - halt immer noch da. Sie gilt nun zwar offiziell als "verfassungsfeindlich", und mit einer Grundgesetzänderung kann man ihr die staatliche Finanzierung streichen.
Bundesverfassungsgericht:Das NPD-Urteil ist bedauerlich falsch
Die rechtsextreme Partei hätte verboten werden müssen - nicht obwohl sie derzeit sehr klein und bei Wahlen unbedeutend ist, sondern gerade deswegen.
Diskutiert wird, wie lang der Entzug der Staatsgelder gelten soll
Mehrere Ministerien arbeiten derzeit ressortübergreifend an den Gesetzentwürfen, die - wenn es noch in dieser Legislaturperiode klappen soll - in den nächsten Wochen eingebracht werden müssen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung diskutiert die Regierung nun über eine Frage, die im dicken NPD-Urteil offen geblieben war: Wie lange soll der Entzug der Staatsgelder eigentlich gelten?
Martin Morlok, Professor für Parteienrecht in Düsseldorf, hält eine solche Befristung für geboten: "Das wäre ein Anreiz, auf den Pfad der Tugend zurückzukehren", sagte er vergangene Woche bei einer Veranstaltung in Berlin. Weil innerparteiliche Prozesse Zeit benötigen, schlägt er eine Zeitspanne von fünf bis sechs Jahren vor.
Damit das aufwendige Verfahren nicht jedes Mal von vorn beginnt, hält er eine "Beweislastumkehr" für denkbar: Wenn die Partei wieder an das Staatsgeld kommen will, müsste sie nachweisen, dass sie sich geläutert hat. Wie das genau geregelt werden soll, ist offen, sicher ist aber: Es wird kompliziert. Was, wenn die NPD behauptete, der Nachweis einer nunmehr verfassungskonformen politischen Arbeit misslinge nur deshalb, weil der Verfassungsschutz seine V-Leute reaktiviert habe? Heimliche Steuerung durch staatliche Spitzel? An diesem bösen Verdacht war 2003 das erste Verbotsverfahren gescheitert.
Mehrere Rechtsfragen sind offen
Und das wird nicht die einzige Rechtsfrage bleiben. Die hessische Stadt Büdingen, wo die NPD im März 2016 vier Sitze in der Stadtverordnetenversammlung geholt hatte, hat kürzlich beschlossen, der Fraktion keine Entschädigung mehr zu gewähren; eine Klage ist beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof anhängig. Morlok indes hält eine Streichung von Fraktionsgeldern für verfassungswidrig - weil eine Fraktion zum Parlaments- und nicht zum Parteibetrieb gehöre.
Und was ist mit NPD-Auftritten in Stadthallen, mit Rundfunkspots, mit Wahlplakaten? Die NPD hier zu benachteiligen, findet Morlok verfassungsrechtlich fragwürdig, weil jede Partei die Möglichkeit haben müsse, um Wähler zu werben: "Demokratie ist eine Wettbewerbsordnung, die von gleichen Chancen lebt." Und so wird die NPD, wenn schon das Staatsgeld weg ist, dank diverser Rechtsstreitigkeiten wenigstens eines behalten - die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit.