NPD in Mecklenburg-Vorpommern:Bodenständig braun

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Einerseits radikale Töne und Hetzparolen, andererseits ein fürsorgliches, pseudo-bürgerliches Kümmern um Familien und kleine Leute: Die NPD setzt für die Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern auf eine Doppelstrategie. Die geht aber nur teilweise auf, denn die Partei ist im Nordosten viel schwächer als oft angenommen wird.

Jens Schneider

Das Sündenregister der Partei ist lang, und ihr wichtigster Mann ist ganz vorn dabei: Im Oktober vergangenen Jahres ist Udo Pastörs, Fraktionschef der NPD im Schweriner Landtag, wegen Volksverhetzung zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden.

Wahl in Mecklenburg-Vorpommern
:Von Blockflöten und Uhrmachern

Ein Wessi im Osten, ein linker Ex-Minister und ein Frontmann, der in großer Personalnot für seine Partei einspringt: ein interaktiver Überblick über die Spitzenkandidaten der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern.

Von Anja Treiber

Pastörs hatte nach Überzeugung des Landgerichts Saarbrücken in einer Rede gegen Juden und Türken gehetzt. Im Schweriner Landtag brachten es die sechs Abgeordneten der NPD mit verbalen Provokationen auf 486 Ordnungsrufe. Das waren keine versehentlichen Entgleisungen, sondern gezielte Spektakel, die Aufmerksamkeit bringen und die Sehnsucht junger Anhänger nach radikalen Tönen bedienen sollen. Die rechten Kameradschaften sind im Nordosten stark vertreten.

Pastörs, ein gelernter Uhrmacher, zeigt aber auch ein anderes Gesicht. In Werbespots der NPD und auf Plakaten präsentiert er sich als bürgerlicher, den Menschen zugewandter Zuhörer. Da klingt er beinahe nicht rechtsextrem und gibt den führenden Kopf einer angeblichen Kümmererpartei, die sich der Sorgen von Familien annimmt. Gern rühmt sich die NPD, dass sie in entlegenen Gebieten wie etwa in Ostvorpommern, wo etablierte Parteien wie die SPD kaum noch vertreten sind, soziale Funktionen übernommen habe, Kinderfeste ausrichte oder bei Problemen mit Hartz IV berate.

Mit der Doppelstrategie aus radikalen Tönen und dem fürsorglich völkischen Gestus wollte sich die NPD im wirtschaftlich schwachen Mecklenburg-Vorpommern verankern. Der Nordosten sollte zur Basis für die weitere Ausdehnung werden. Fünf Jahre nach ihrem Erfolg von 2006 mit 7,3 Prozent ist das Bild zwiespältig. Es gibt rechte Treffpunkte und Dörfer, in denen die NPD den Ton angibt. Sie haben versucht, Kindergärten zu übernehmen oder rechtsextrem gesinnte Erzieherinnen einzuschleusen. Aber die Gemeinden sind aufmerksam, so wie auch Freiwillige Feuerwehren oder Sportvereine.

Der Mythos von der heimlichen Volkspartei

Der Rostocker SPD-Abgeordnete und Rechtsextremismus-Experte Matthias Brodkorb hat beobachtet, dass die Rechtsextremen in den entlegenen Regionen des Landes nicht besonders viele Anhänger haben. "Aber diese Jungen können sie extrem mobilisieren."

Ein Mythos sind auch nach seiner Beobachtung die oft von Medien nacherzählten Geschichten, wonach die NPD sich in Hochburgen in Vorpommern als Sozialberater zu einer Art heimlicher Volkspartei entwickelt hat. Bekannt ist nur von einem Abgeordneten, dass er solche Angebote macht. Allerdings treten NPD-Politiker dort selbstbewusst offen auf - etwa in Städten wie Anklam, wo die Partei bei den letzten Kommunalwahlen die dort sehr schwache SPD überholte.

Nun jedoch kämpfen die Rechtsextremen bei der Landtagswahl ums parlamentarische Überleben. Angesichts des Aufschwungs am Arbeitsmarkt fällt es diesmal schwerer, die Wahl zur Denkzettelwahl für die Etablierten zu machen. Zuletzt lag die NPD in Umfragen unter fünf Prozent, doch die Partei schneidet bei Wahlen oft besser ab als in Umfragen. Die NPD steckt finanziell in Schwierigkeiten, stemmt sich aber mit einer Plakatkampagne gegen eine mögliche Niederlage. Entscheidend könnte am Sonntag die Wahlbeteiligung sein: Der Wahlkampf gilt angesichts des Vorsprungs der SPD als entschieden, viele Bürger bekunden in Umfragen ihr Desinteresse an der Politik. Bleiben viele zu Hause, könnte die NPD mit ihren treuen Anhängern profitieren.

© SZ vom 03.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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