NPD:Die ewige Fehde um die V-Leute

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Von "Vertrauensbruch" bis "Schuss in den Ofen": Berlins Innensenator Körtings Aussagen zum NPD-Verbot stoßen in den meisten Bundesländern auf strikte Ablehnung.

Während der Berliner Innensenator Ehrhart Körting (SPD) seine Äußerungen zur "Abschaltung" von V-Männern in der NPD-Spitze verteidigt, distanzieren sich vehement die meisten seiner Kollegen in anderen Bundesländern von diesem Vorgehen.

In den Länderparlamenten hat die NPD zwar recht wenig Einfluss. Aber mit rechtsextremen Parolen und nationalistischen Festen kommt sie bei vielen an. Deshalb wird über ein Verbot diskutiert. (Foto: Foto: AP)

Das gilt nicht nur für die von der Union und der FDP gestellten Landesminister sowie für Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, der Körtings Äußerungen als "grob fahrlässig für die Arbeit der Verfassungsschützer" abqualifiziert. Es gilt vor allem auch für den sozialdemokratischen Innenminister von Schleswig-Holstein, Lothar Hay.

Schleswig-Holstein habe wie auch Berlin, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz auf seine V-Leute verzichtet, um ein neues NPD-Verbotsverfahren zu ermöglichen, hatte Körting mitgeteilt. Innenminister Hay ist darüber erbost. Der Minister aus Kiel spricht von einem "Vertrauensbruch, den ich in dieser Form noch nicht erlebt habe".

Er lässt die Frage offen, ob Körtings Aussage richtig oder falsch ist. Über so etwas spreche man einfach nicht, sagt Hay. So aber werde die ohnehin schwierige und gefährliche Arbeit des Verfassungsschutzes beeinträchtigt. Der Minister aus dem Norden hält auch den Vorstoß Körtings zu einem erneuten Antrag auf ein Verbot der NPD für "eher schädlich".

Dem Ziel aller Demokraten, die NPD politisch und juristisch wirkungsvoll zu bekämpfen, diene diese unabgestimmte und zur falschen Zeit platzierte Äußerung jedenfalls nicht.

In dem von Körting ebenfalls genannten rheinland-pfälzischen Innenministerium hält man sich weitgehend bedeckt. "In welchen Bereichen wie viele V-Leute arbeiten, darüber geben wir keine Auskunft", sagte Innenminister Karl Peter Bruch (SPD). Aber: Rheinland-Pfalz befürworte weiterhin ein NPD-Verbotsverfahren.

Von einem verantwortungslosen Alleingang spricht Hamburgs christdemokratischer Innensenator Christoph Ahlhaus. "Das widerspricht der Verabredung der Innenminister von Bund und Ländern in bisher nicht bekannter Art und Weise und nützt am Ende nur den Extremisten", sagte er.

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU), der Körtings Vorgehen als "völlig unprofessionell" kritisiert, weil es den Einsatz von V-Leuten gefährde, fordert mit Blick auf einen möglichen Wiederanlauf zu einem NPD-Verbot ein abgestimmtes Vorgehen. Bis Dezember lehnte Bayern einen neuen Anlauf zu einem NPD-Verbot ab.

Erst nach dem angeblich von einem Neonazi verübten Attentat auf den Passauer Polizeichef Alois Mannichl schwenkte die CSU um - Horst Seehofer plädierte seinerzeit für einen neuen Versuch. Herrmann bereitet daher derzeit nach eigenem Bekunden einen Verbotsantrag vor, konkret werde man dieses Verfahren aber erst einleiten, "wenn hinreichende Erfolgsaussichten bestehen", sagte er. Bislang gibt es dafür im Bundesrat keine Mehrheit.

Auch Baden-Württemberg will nicht auf seine V-Leute verzichten. "Dies werden wir in Baden-Württemberg nicht machen, weil der Verfassungsschutz in seiner Funktion als Frühwarnsystem ohne Informanten aus dem Bereich des Rechtsextremismus massiv geschwächt würde", sagte Innenminister Heribert Rech (CDU).

Ähnlich äußerte sich bereits Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU). In den übrigen ostdeutschen Ländern reagiert man äußerst vorsichtig auf die Frage nach den V-Leuten. Der Innenminister von Sachsen-Anhalt, Holger Hövelmann (SPD), nennt es allerdings "so überflüssig wie unsinnig", öffentlich über das Thema zu diskutieren. Bei einem neuen NPD-Verbotsverfahren werde sein Land bereit sein, "rechtzeitig die V-Leute auf den Führungsebenen der NPD abzuschalten".

Sachsens Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) lässt sich kein konkretes Wort entlocken. Im Thüringer Innenministerium heißt es dagegen klipp und klar: "Wir werden unsere V-Leute nicht abziehen."

Der hessische Innenminister, Volker Bouffier (CDU) nannte Körtings Äußerungen in einem Interview einen "Schuss in den Ofen". Den Zeitpunkt für seine Initiative habe er völlig falsch gewählt, "weil sich die NPD gerade selbst zerlegt".

Ingo Wolf aus NRW, derzeit einziger FDP-Innenminister, spricht von einem "untauglichen Versuch", einen NPD-Verbotsantrag wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Wolf hatte sich stets gegen ein neues Verbotsverfahren ausgesprochen, da es seiner Auffassung nach "wenig erfolgversprechend und politisch gefährlich" sei.

© SZ vom 27.02.2009/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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