8. November:Abseits der Präsidentschaftswahl: Worüber US-Bürger am 8. November noch abstimmen

Lesezeit: 3 min

Wählt Trump und steht in Florida selbst auf dem Wahlzettel - für den US-Senat: Marco Rubio. (Foto: AFP)
  • Hillary Clinton könnte am 8. November nicht nur das Weiße Haus erobern, auch im Senat könnten die Demokraten wieder die Mehrheit übernehmen.
  • Im Repräsentantenhaus drohen den Republikanern ebenfalls Verluste, ihre Vorherrschaft aber ist nicht in Gefahr.
  • In verschiedenen Bundesstaaten wird über die Liberalisierung der Cannabis-Gesetze entschieden.

Von Johannes Kuhn, New Orleans

Die US-Bürger wählen am 8. November nicht nur einen neuen Präsidenten ins Weiße Haus: Am selben Tag finden auch zahlreiche Abstimmungen in den 50 Bundesstaaten und den Bezirken statt. Ein Überblick über die wichtigsten Entscheidungen.

Senat: Demokraten greifen nach der Mehrheit

Die Republikaner haben im Senat derzeit die Mehrheit, doch die könnten sie am 8. November verlieren. 34 der 100 Sitze werden neu vergeben, 24 davon haben im Moment Republikaner inne. Gelingt es den Demokraten, ihnen fünf dieser Sitze abzunehmen und ihre zehn zur Wahl stehenden eigenen Sitze zu verteidigen, übernähmen sie (mit Hilfe der beiden formell unabhängigen Senatoren, darunter Bernie Sanders) die Mehrheit. Im Falle eines Sieges von Hillary Clinton genügten bereits vier, weil dann der Vizepräsident das Zünglein an der Waage spielt.

Mit einer einfachen Mehrheit von mehr als 50 Sitzen könnte Clinton Gesetze im Senat verabschieden lassen. Allerdings könnten die Republikaner Abstimmungen auch als Minderheit blockieren, das ermöglicht der sogenannte Filibuster. Um diese immer häufiger angewendete Technik des Dauerredens zu umgehen, bräuchte die Mehrheit fast unerreichbare 60 Sitze.

Eine einfache Mehrheit der Demokraten ist nicht unwahrscheinlich, auch wenn Donald Trump den republikanischen Kandidaten in vielen Bundesstaaten nicht so sehr schadet, wie sich das progressive Lager das wünscht: John McCain (Arizona) oder Marco Rubio (Florida) liegen in Umfragen deutlicher vorne als erwartet.

Entscheidend werden sechs Wechselwähler-Staaten sein, in denen das Rennen zwischen den Kandidaten der beiden Parteien äußert eng ist: Indiana, New Hampshire, North Carolina, Nevada, Missouri und Pennsylvania.

Was im Repräsentantenhaus auf dem Spiel steht

Alle 435 Abgeordneten des Repräsentantenhauses werden neu gewählt, doch es ist wenig Veränderung zu erwarten: Viele Wahlbezirke sind inzwischen so entworfen, dass die demografische Zusammensetzung der Wähler der einen oder anderen Partei Vorteile verschafft und eine Änderung der Mehrheiten quasi ausgeschlossen ist.

30 Sitze müssten die Demokraten dazugewinnen, um wieder die Mehrheit zu erlangen (letzte Wahl: Republikaner 247, Demokraten 188 Sitze). Das gilt als unwahrscheinlich, allerdings könnten unter dem Strich fünf bis 20 Sitze in das demokratische Blau verwandelt werden. Die renommierten Analysten des "Cook Political Report" schätzen, dass inzwischen aufgrund der Wählerstruktur überhaupt nur noch 34 Sitze insgesamt als umkämpft gelten könnten. Selbst im notorischen Wechselwähler-Staat Ohio wird wohl kein einziger Bezirk die Farbe wechseln.

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Gouverneurswahlen, Toiletten-Gesetze und Pence-Nachfolge

Zwölf Gouverneurswahlen stehen an. In der Regel interessieren sich die Amerikaner dafür, wer oberster Politiker in den einzelnen Bundesstaaten wird, doch dieses Mal wählen zumeist bevölkerungsärmere Staaten. Der größte davon ist North Carolina: Dort liegt der republikanische Amtsinhaber Pat McCrory in Umfragen knapp hinter seinem demokratischen Herausforderer Roy Cooper.

McCrory war in die Kritik geraten, weil er Transsexuellen per Gesetz vorschreiben wollte, die Toiletten ihres angeborenen Geschlechts zu verwenden. Auch der Versuch, Afroamerikanern durch neue Gesetze die Stimmabgabe zu erschweren, brachte ihm herbe Kritik ein. Vor allem aber könnte McCrory am Trump-Trend scheitern, der Clinton möglicherweise in North Carolina gewinnen lässt.

Auch das Gouverneursamt des republikanischen Vizepräsidentschaftskandidaten Mike Pence in Indiana erhält einen neuen Inhaber - hier liegen der Demokrat John Gregg und Pences Stellvertreter Eric Holcomb nahe beieinander.

Volksentscheide: Marihuana, Kondompflicht, Sklaverei

In neun Bundesstaaten können die Bewohner über die Liberalisierung der Marihuana-Gesetze abstimmen: Kalifornien, Arizona, Nevada, Maine und Massachusetts entscheiden über die Legalisierung des Konsums, die konservativeren North Dakota, Arkansas, Montana und Florida über die Freigabe von medizinischem Cannabis.

Kalifornien stimmt darüber ab, ob Käufer von Munition künftig stärker überprüft werden sollen, außerdem über eine Kondompflicht für Pornodarsteller und eine Reichensteuer auf Einkommen über 250 000 Dollar. Nebraska entscheidet über die Wiedereinführung der Todesstrafe, Kalifornien über deren endgültige Abschaffung.

In Indiana und Kansas wollen Schusswaffen-Anhänger das Recht auf Jagd in der Verfassung verankern. Die Bewohner von Washington, D.C. votieren, ob die Stadt versuchen soll, ein eigener Bundesstaat zu werden. Maine könnte der erste Bundesstaat sein, der wieder die Präferenzwahl ("Ranked Choice Voting") einführt, in der Bürger mehreren Kandidaten Stimmen in verschiedener Gewichtung geben können. In Colorado geht es um die Abschaffung der Sklaverei - diese ist laut Gesetzbuch noch "als Bestrafung" möglich.

Zombie-Kandidat des Jahres: David Duke (Louisiana)

Der ehemalige Ku-Klux-Klan-Anführer, überzeugte Antisemit und Holocaust-Leugner machte in den Neunzigern Schlagzeilen, als er es ins Parlament von Louisiana schaffte und bis in die Stichwahl für den Gouverneursposten kam. Nun versucht der alternde Neonazi im Fahrtwind der Trump-Bewegung ein weiteres Mal, einen Senatssitz zu erobern ("Ich bin der einzige Mann, den die Medien mehr hassen als Donald Trump"). Dabei ist er chancenlos, erhält aber große Aufmerksamkeit und ein paar Prozentpunkte.

Die ungewöhnlichste Wahlwerbung: Jason Kanders Waffen-Spot

Kander, demokratischer Senatskandidat für Missouri und ehemaliger Army-Offizier, will stärkere Überprüfungen bei Waffenkäufen. Weil sein Konkurrent und Amtsinhaber Roy Blunt ihm daraufhin vorwarf, ein Waffengegner zu sein, baute Afghanistan-Veteran Kander in einem TV-Spot mit verbundenen Augen eine Waffe zusammen. Das Rennen gilt als offen.

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