Nordsyrien:Erdoğan will Waffenruhe nicht verlängern

Putin und Erdogan bei Treffen im September 2019

Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdoğan bei ihrem letzten Treffen im September 2019.

(Foto: REUTERS)
  • Der türkische Präsident Erdoğan und Russlands Präsident Putin treffen am Dienstag in Sotschi zusammen.
  • Sie wollen über die türkische Offensive in Nordsyrien sprechen.
  • Am Dienstagabend endet dort die vereinbarte Waffenruhe; Erdoğan hat bereits mitgeteilt, diese nicht verlängern zu wollen.
  • Russland will den deutschen Vorschlag prüfen, in Nordsyrien eine international kontrollierte Sicherheitszone einzurichten.

Russlands Präsident Wladimir Putin und sein türkischer Amtskollege Recep Tayyip Erdoğan wollen sich bei ihrem Treffen am Dienstagnachmittag um neue Schritte für eine Lösung im Syrien-Konflikt bemühen. Nach Kremlangaben soll es bei den Verhandlungen in der Schwarzmeer-Stadt Sotschi vor allem um eine Normalisierung der Lage im Norden des Landes gehen. Nach dem Einmarsch der Türkei gilt dort noch bis zu diesem Dienstagabend eine Waffenruhe. Die Feuerpause soll der von den Türken bekämpften Kurdenmiliz YPG den Rückzug ermöglichen.

Vor seinem Abflug nach Sotschi drohte Erdoğan bereits mit einer Fortsetzung der türkischen Militäroffensive, sollte das Abkommen zur Waffenruhe nicht umgesetzt werden. "Wenn die Versprechen, die Amerika unserem Land gegenüber gemacht hat, nicht eingehalten werden, dann werden wir unsere Offensive da, wo sie aufgehört hat, und diesmal mit einer noch größeren Entschlossenheit fortsetzen", sagte Erdoğan. Wie die Nachrichtenagentur AFP meldet, hat Erdoğan außerdem dem Vorschlag von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, die Waffenruhe über Dienstag hinaus zu verlängern, eine Absage erteilt.

Bei dem Treffen mit Putin dürfte es außerdem um die von der Türkei angestrebte Sicherheitszone im syrischen Grenzgebiet gehen. Russland will den deutschen Vorschlag für die internationale Kontrolle einer solchen Zone im Norden Syriens prüfen. Das sei eine neue Idee, sagte der Sprecher des russischen Präsidialamtes, Dmitri Peskow.

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte vorgeschlagen, in Nordsyrien eine international kontrollierte Sicherheitszone unter Einbeziehung der Türkei und Russlands einzurichten. Den Vorschlag habe sie am Montag mit Kanzlerin Angela Merkel abgestimmt und westlichen Verbündeten vorgeschlagen, sagte Kramp-Karrenbauer der Nachrichtenagentur dpa in Berlin gesagt.

Unklar ist derweil, ob alle Konfliktparteien über das gleiche Abzugsgebiet sprechen. Für die Kurdenmilizen gilt der Rückzug nur für die Region zwischen den Städten Ras al-Ain und Tall Abjad. Erdoğan betonte erneut, dass er ein Gebiet von 32 Kilometern Tiefe und 444 Kilometern Länge "vollständig" von "Terrororganisationen säubern" wolle.

Die Türkei hatte ihre international umstrittene Offensive für eine solche Zone mit Sicherheitsinteressen begründet. Der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages kommt aber zu dem Schluss, dass der Einmarsch im Widerspruch zum Völkerrecht stehe. Russland dagegen hatte dafür Verständnis gezeigt und betont, dass Ankara und Moskau sich auf allen Ebenen - neben den Präsidenten auch zwischen den Außen- und den Verteidigungsministern - eng abstimmten. Zugleich äußerte sich Moskau besorgt darüber, dass im Zuge der Kämpfe in den Kurdengebieten die dort in Lagern gefangenen islamistischen Terroristen freikämen. Auch über diese Gefahr wollen Erdoğan und Putin bei ihrem Arbeitstreffen beraten, wie der Kreml mitteilte.

Ziel sei es, den Prozess für eine politische Lösung des Konflikts weiter voranzubringen. Dazu soll in Genf am 30. Oktober erstmals auch der neue Verfassungsausschuss für Reformen in Syrien tagen. Das Komitee besteht aus Vertretern der syrischen Regierung um Machthaber Baschar al-Assad und der Opposition.

Putin telefoniert mit Macron

Kremlchef Putin hatte am Montagabend auf französische Initiative mit Präsident Macron in Paris telefoniert. Dabei sei es auch um die Lage in Nordsyrien gegangen und um eine Wahrung der territorialen Unversehrtheit des Landes, wie der Kreml mitteilte.

Zudem habe Putin über die russischen Anstrengungen zur Stabilisierung der Situation in der Region informiert sowie über die Vermittlung von Kontakten zwischen den Konfliktparteien. Nach dem Abzug der US-Truppen fühlten sich etwa die Kurden im Norden schutzlos und ließen sich - wie von Moskau stets gefordert - auf einen Dialog mit der syrischen Führung ein.

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