Besserer Pipeline-Schutz:Ein General als Schützer der Meere

Lesezeit: 2 min

Hans-Werner Wiermann - hier bei einem Nato-Gipfel im Juni 2022 - leitet eine neue Koordinierungszelle für den Schutz von kritischer Infrastruktur in den Meeren. (Foto: Bernat Armangue/AP)

An neuen Stäben mangelt es nicht: Nato, EU und Bundesregierung wollen mit mehr Präsenz und Austausch Sabotageakte wie im Fall von Nord Stream vermeiden. Dafür wird auch aufgerüstet.

Von Georg Ismar

Da, wo eigentlich mal das russische Gas über die Nord-Stream-2-Pipeline aus der Ostsee kommend in Lubmin anlanden sollte, liegt heute die Neptune vor Anker. Ein schwimmendes Flüssigerdgas-Terminal. Das erste Gas kam aus Ägypten. Kanzler Olaf Scholz (SPD) kam zur Eröffnung nach Lubmin, pries das neue Deutschland-Tempo für die Errichtung solcher Terminals, die Deutschlands Trauma der zu einseitigen Abhängigkeit von Russland vergessen lassen sollen. Der Ersatz ist zwar enorm teuer und ökologisch unvorteilhaft, hat aber zumindest auch den Vorteil, dass keine verwundbaren Pipeline-Systeme im Meer verbaut werden müssen.

Stattdessen bringen Schiffe das Gas zu dem Terminal. Aber auch die müssen geschützt werden. Beamte und Sprecher der Bundesregierung geben sich weiterhin sehr zugeknöpft, wenn sie auf neue Erkenntnisse zu den riesigen Lecks in den Pipelines Nord Stream 1 und 2 angesprochen werden, sie verweisen auf die laufenden Ermittlungen des Generalbundesanwalts. Es ist nicht ausgeschlossen, dass hierdurch nie wieder Gas fließen wird.

Einer, der dafür sorgen soll, dass sich solche Dinge nicht noch einmal wiederholen und dass auch nicht irgendwo Unterseekabel durchschnitten werden, ist der Drei-Sterne-General Hans-Werner Wiermann. Der 64-Jährige war Ende August 2022 mit einem Großen Zapfenstreich schon in den Ruhestand verabschiedet worden. Nun hat ihn Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg zum Chef der neuen Nato-Koordinierungszelle für einen besseren Schutz von Pipelines und anderer kritischer Infrastruktur in den Meeren ernannt. "Die Einrichtung soll die Zusammenarbeit mit der Industrie erleichtern und wichtige militärische und zivile Akteure zusammenbringen", sagt Stoltenberg. Insbesondere Norwegen mit vielen wichtigen Pipelines hat massiv den Schutz ausgeweitet.

Unter Wiermanns Leitung sollen Schwachstellen identifiziert werden. Im nächsten Schritt sollen gefährdete Pipelines oder Unterwasserkabel dann besser überwacht werden - zum Beispiel auch mit Unterwasserdrohnen oder U-Booten. Auch mit der EU hat die Nato eine Task Force gegründet, es muss sich nun nur auch zeigen, dass all die neuen Einheiten auch gut zusammenwirken.

Auch Faeser verspricht, den Schutz maritimer Infrastruktur zu verbessern

Die Bundesregierung versucht ebenfalls zu reagieren. So wortkarg man bei den Erkenntnissen zu den Verursachern der Lecks in den Ostsee-Röhren ist, versucht man bei der Reaktion umso tatkräftiger zu klingen - also bei der Frage, wie weitere Attacken auf Pipelines und Unterseekabel verhindert werden sollen.

"Nach der Pipeline-Sabotage haben wir auch den Schutz maritimer Infrastrukturen weiter verstärkt", sagt Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) der Süddeutschen Zeitung. "Mir ist sehr wichtig, die Bundespolizei für ihre Aufgaben weiter zu stärken. Daher erhält die Bundespolizei 1000 zusätzliche Stellen. Wir beschaffen außerdem für 1,5 Milliarden Euro bis zu 44 neue Transporthubschrauber", sagt Faeser. Das sei eine der größten Investitionen in die Bundespolizei überhaupt.

Die Bundespolizei kümmert sich um die Überwachung der deutschen Hoheitsgewässer, auch Windparks und ihre Leitungen gilt es gegen Sabotage zu schützen. Die Bundespolizei hat nach den Vorfällen mit den Nord-Stream-Pipelines vor allem die Überwachung der kritischen Infrastruktur insbesondere im Bereich der Ostsee mit Einsatzschiffen und -booten sowie mit Hubschraubern verstärkt. Für den seeseitigen Schutz der LNG-Terminals und der Schiffe sind jedoch die Landespolizeibehörden zuständig.

Bund und Länder steuern die Überwachung von Nord- und Ostsee über das Maritime Sicherheitszentrums (MSZ) in Cuxhaven, zudem stimmt man sich eng ab mit den Anrainerstaaten. Neu eingesetzt wurde zudem im Oktober der Koordinierungsstab Kritische Infrastruktur mit allen Fachressorts und dem Kanzleramt. An Stäben und Initiativen mangelt es also nicht. Aus Sicht von Faeser gehe gar nicht mehr Präsenz der Bundespolizei als derzeit. "Alles, was schwimmen kann, ist auf dem Wasser", sagt sie.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: